Nr. 9 Ministerrat (19. Februar 1867–15. Dezember 1867)

Zum TEI/XML Dokument
Nr. 9 Ministerrat, Wien, 6. März 1867

RS. Reinschrift fehlt; Abschrift,

., Ministerratsprotokolle, Karton 33 (Abschriften Prof. Redlich); Wortlaut und Datum der Ah. Entschließung: ., Kabinettskanzlei, Protokoll 1867.

P. Protokoll Meyer; VS. Vorsitz Kaiser; anw. anwesend Beust, Komers, Wüllerstorff, John, Becke.

  • I. Einmarsch österreichischer Truppen in die türkischen Grenzprovinzen.
  • II. Verpachtung des Tabakmonopols.
  • III. Änderung in der Person des Banus von Kroatien.
  • IV. Besprechung über die Wahl eines Statthalters für das Küstenland.
  • 331 136 Ministerratsprotokoll vom 6. März 1867 unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.
    I. Einmarsch österreichischer Truppen in die türkischen Grenzprovinzen

    [I. fehlt.]

    II. Verpachtung des Tabakmonopols

    II. Baron v. Beust berichtete über seine Verhandlungen mit dem ungarischen Finanzminister in Betreff des Tabakmonopols2. Herr v. Lónyay weigere sich, zu einer solchen Verpachtung, und namentlich eine Verpachtung auf die lange Zeit von sieben Jahren, seine Zustimmung zu geben. In erster Linie befürworte derselbe die Aufhebung des Tabakmonopoles; sofern aber dieses nicht ausführbar sei, ziehe er es seinerseits vor, eher das Monopol in eigener Regie zu behalten, als dasselbe in der beabsichtigten Weise zu verpachten.

    Baron v. Becke drückt nun den Wunsch aus, es möchte Se. Majestät geruhen, hierüber mit dem ungarischen Finanzminister zu sprechen, weil die Sache sehr dringlich sei und jetzt noch der günstige Moment vorhanden sein dürfte für die Beschaffung einer so bedeutenden Summe von 40 Millionen, welche die Gesellschaft für die Überlassung des Materiales zu entrichten habe.

    Der Ministerpräsident Baron v. Beust unterstützte diesen Wunsch des Leiters des Finanzministeriums mit dem Bemerken, dass diese Verpachtung wohl das einzige Mittel sei, um das Monopol auf eine Reihe von sieben Jahren noch zu erhalten3.

    III. Änderung in der Person des Banus von Kroatien

    III. Baron v. Beust brachte die Frage in Anregung, ob es nicht angezeigt sein dürfte, einen Wechsel in der Person des Banus von Kroatien eintreten zu lassen, da es sehr im Zweifel stehe, ob der gegenwärtige Banus, Freiherr v. Šokčević, bei seinem Verhältnisse zu den verschiedenen Parteien des Landes, in der Lage sich befinde, die Absichten der Regierung mit Energie durchzuführen4.

    Freiherr v. John meinte, der gegenwärtige Banus habe wenigsten die gute Eigenschaft, dass er tue, was man ihm sage. Der Übelstand liege darin, dass man in Wien einen ungarisch gesinnten kroatischen Hofkanzler 5 und in Agram einen kroatisch gesinnten Banus habe.

    Se. Majestät betonte hiebei, wie notwendig es sei, dass in Beziehung auf die Regelung des staatsrechtlichen Verhältnisses von Ungarn und Kroatien in versöhnlicher Art beiderseits vorgegangen werde, wie dies bereits von dem ungarisch ministeriellen Blatte Pesti Napló der Fall gewesen, das in einem Leitartikel die staatsrechtlichen Beziehungen Kroatiens zur Krone von Ungarn ganz richtig aufgefasst und als solche die Teilnahme Kroatiens am Krönungslandtage, am Inauguraldiplome und an der Delegation bezeichnet habe6.

    Eine weitere Entschließung in der Sache werde vorderhand nicht gefasst7.

    IV. Besprechung über die Wahl eines Statthalters für das Küstenland

    [IV. fehlt.]

    [Datum fehlt] Ah. Kenntnisnahme. 25. März 1867.

    1This TEI document has been generated from the same source as the printed version of this edition
    2 Die angespannte Lage der Staatsfinanzen nach dem preußisch-österreichischen Krieg veranlasste die österreichische Finanzverwaltung, u. a. über die Verpachtung und in der Folge Aufhebung des Tabakmonopols nachzudenken in der Hoffnung, durch die Privatisierung und durch eine Tabaksteuer eine höhere Nettoeinnahme zu erzielen, und sie begann Verhandlungen über eine zu gründende Aktiengesellschaft, siehe dazu MR. v. /, VI/2, Nr. 104 (Herstellung des Gleichgewichts im Budget), bzw. MR. v. 28. 9. 1866/II, MR. v. 17. 10. 1866/VI und MR. v. 1. 2. 1867/III, ebd. Nr. 102, Nr. 105 und Nr. 125 (Verpachtung des Tabakmonopols in einer Übergangsperiode). Der Ausgleich machte die Mitsprache des ungarischen Finanzministeriums notwendig, da das Tabakmonopol zu den gemeinsamen Angelegenheiten gehörte, vgl. § 63 des ungarischen und § 2.2 des cisleithanischen Ausgleichsgesetzes, , Verfassungsgesetze Nr. 119 und Nr. 138, dann Art. XI des Zoll- und Handelsbündnisses , ebd. Nr. 167, Nr. 4/1868
    3 Im ung. MR. v. 17. 3. 1867/I, ., Kab. Kanzlei, wies Franz Joseph auf die hohe Wichtigkeit der Verpachtung des Tabakmonopols zur Bestreitung der Staatsbedürfnisse hin. Finanzminister Lónyay äußerte seine Bedenken über die Details des vorliegenden Vertrages, und man beschloss neue Verhandlungen. Im ung. MR. v. 21. 3. 1867/I unter dem Vorsitz des Kaisers und in Anwesenheit der österreichischen Minister Beust, Wüllerstorff und Becke berichtete Beust, dass man sich auf eine Vertagung des Gegenstandes geeinigt habe; man könne so die öffentliche Meinung kennen lernen und bessere Angebote einholen. Immerhin sei es übrigens nützlich und erfreulich, auch schon bei dieser Gelegenheit zu der Anerkennung gelangt zu sein, das Tabakmonopol als eine wichtige Einnahmsquelle aufrecht zu erhalten und nicht vorzeitig preis zu geben. Damit war die Sache abgeblasen. Mit Beginn des Jahres 1868 wurde das ungarische Tabakmonopolsgebiet vom österreichischen getrennt, doch blieb die Tabakregie hier wie dort in staatlicher Verwaltung, , Staatswörterbuch 4, 500. Im österreichischen Ministerrat kam der Gegenstand nicht mehr zur Sprache.
    4 Zur kroatischen Angelegenheit siehe zuletzt MR. v. 21. 2. 1867/I. Joseph Freiherr v. Šokčević war am 19. 6. 1860 zum Ban ernannt worden, . IV/2, 272, Anm. 1, und hatte das Amt am 11. 7. 1860 angetreten, ., 306, Anm. 13. Über Spannungen zwischen dem Ban und der Regierung siehe MR. v. 20. 11. 1866/I, . VI/2, Nr. 111.
    5 FML. Aemilian Franz Joseph Freiherr Kussevich v. Szamobor war nach dem Rücktritt des Hofkanzlers Ivan Mažuranić am 1. 11. 1865 zum Leiter der kroatisch-slawonischen Hofkanzlei ernannt worden, ., Kab. Kanzlei, KZ. 3315/1865, und ., CBProt. 121c/1865; Mažuranić vertrat die kroatische Nationalpartei, Kussevich war gemäßigter Unionist, , Die Anfänge des modernen Kroatien 105.
    6 v. 28. 2. 1867.
    7 Šokčević wurde am 27. 6. 1867 enthoben, ., Kab. Kanzlei, KZ. 2548/1867; 1868 trat er in den Ruhestand, 398 . Fortsetzung zu Kroatien MR. v. 29. 3. 1867/III.

    How to cite

    Die Ministerratsprotokolle 1848–1918 (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/mrp-static/MRP-3-0-01-0-18670306-P-0009.html)