Nr. 109 Ministerrat (23. Juli 1914–22. November 1916)
RS.Reinschrift fehlt; Ministerratsvortrag zu Tagesordnungspunkten II, III und IV; Wortlaut der Ah. Entschließung:
., Kabinettskanzlei, Protokoll 1916.P. Ehrhart; VS.Vorsitz Stürgkh; anw.anwesend Hohenlohe-Schillingsfürst, Georgi, Hochenburger, Forster, Hussarek, Trnka, Zenker, Morawski, Leth, Spitzmüller.
[I. fehlt.]
Zu II.StaatsbediensteteAushilfen Quelle: Ministerratsvortrag Finanzminister in
FM., Präs., Bd. a.Nr. 66 (Vorträge des Herrn Finanzministers im Ministerrat 1916)3.Vortragender Minister: Finanzminister.
Aus Anlass der durch den Krieg geschaffenen außergewöhnlichen Verhältnisse wurden aufgrund Ah. Ermächtigung mit Ministerialverordnung vom 9. Februar 1916, RGBl. Nr. 33, den aktiven Bediensteten des Staates und der Staatseisenbahnverwaltung für das Jahr 1916 Zulagen bewilligt4. Da jedoch – wie dies auch in zahlreichen Petitionen zum Ausdruck kommt – von der herrschenden Teuerung die Pensions- und Provisionsparteien ebenso getroffen sind, beabsichtigt der Finanzminister von Sr. Majestät die Ermächtigung zur Einleitung einer ähnlichen Aktion für die Pensions- [bzw.] Provisionsparteien des Staates und der Staatseisenbahnverwaltung zu erbitten. Diese Aktion soll im Wege einer aufgrund Ah. Ermächtigung zu erlassenden Ministerialverordnung in der Weise durchgeführt werden, dass die in Aussicht genommene Unterstützung in der Form einer einmaligen, in zwölf am 1. Jänner 1916 beginnenden Monatsraten mit dem Ruhe- [bzw.] Versorgungsgenusse flüssig zu machenden Aushilfe aus Anlass der durch den Krieg geschaffenen außergewöhnlichen Verhältnisse gewährt und nur über Ansuchen der Parteien bewilligt wird. Der beiliegende Verordnungsentwurf5 nimmt für die wichtigsten Kategorien der Staatspensionisten bzw. Provisionisten für das Jahr 1916 monatlich auszuzahlende, nach der Höhe der Versorgungsgenüsse abgestufte Zuwendungen in Aussicht, welche auf ein Jahr umgerechnet betragen:
1. für Staatsbeamte (Staatslehrpersonen) des Ruhestandes 156 K bzw. 204 K und 252 K,
2. für Witwen nach Staatsbeamten (Staatslehrpersonen) 132 K bzw. 168 K und 204 K,
3. für die in die Kategorie der Dienerschaft gehörigen Staatsbediensteten des Ruhestandes 120 K,
4. für Witwen nach den in die Kategorie der Dienerschaft gehörigen Staatsbediensteten 72 K,
5. für die in die Kategorie der Arbeiterschaft gehörigen Staatsbediensteten des Ruhestandes 96 K,
6. für Witwen nach den in die Kategorie Arbeiterschaft gehörigen Staatsbediensteten des Ruhestandes 60 K,
7. für Waisen nach den sub 1, 3, und 5 erwähnten Staatsbediensteten je nachdem, ob sie elternlos oder vaterlos sind, 96 K und 60 K bzw. 48 K und 36 K.
Im § 4 des Entwurfes ist für die übrigen nicht ausdrücklich angeführten Pensions- bzw. Provisionsparteien des Staates und jener der Staatseisenbahnverwaltung eine Gewährung solcher Aushilfen nach gleichen Grundsätzen vorgesehen. Der Aufwand für die ganze Aktion dürfte den Betrag von 20 Millionen Kronen nicht oder nicht erheblich überschreiten. Dieser Aufwand wird ebenso wie der seinerzeitige Mehraufwand für die Teuerungszulagen der aktiven Staatsbediensteten von 100 Millionen Kronen vorläufig die Bedeckung in den Mehreinnahmen der während des Krieges bereits vorgenommenen und neuerdings in Vorbereitung stehenden Steuererhöhungen vollauf finden. Die endgiltige Bedeckung dieser Personalauslagen wird aber nach dem vom Finanzminister in Aussicht genommenen Programm in jenen Ersparungen gegeben sein, welche aus den im Finanzressort bereits in Durchführung begriffenen und auch den anderen Ressorts nachdrücklichst anempfohlenen Reformen und Vereinfachungen der Verwaltung resultieren werden6. Hiezu erbittet sich der Finanzminister die Zustimmung des Ministerrates7.
Zu III.VerwaltungÄmterzusammenlegung Quelle: Ministerratsvortrag Finanzminister in
FM., Präs., Bd. a.Nr. 66 (Vorträge des Herrn Finanzministers im Ministerrat 1916)8.Vortragender Minister: Finanzminister.
Das Präsidium der niederösterreichischen Finanzlandesdirektion hat den Antrag gestellt, es mögen die Finanzbezirksdirektionen in Korneuburg und Stein aufgelassen und deren Geschäftsagenden mit jenen der Finanzbezirksdirektionen in Wien bzw. St. Pölten vereinigt werden9. Nach sorgfältiger Prüfung aller in Betracht kommenden Momente kann der Finanzminister diesen Vorschlag vollkommen befürworten. Die Finanzbezirksdirektion in Korneuburg hat durch die vor Kurzem im eigenen Wirkungskreise des Finanzministeriums verfügte Zuweisung des XXI. Wiener Gemeindebezirkes an die Finanzbezirksdirektion in Wien10 eine derartige Verminderung des Parteienverkehres und Abgabenkreises erfahren, dass ihr weiterer Fortbestand durch das dienstliche Interesse nicht mehr gerechtfertigt erscheint. Auch bei der Finanzbezirksdirektion in Stein, deren Amtsbereich sich zum großen Teile über das sogenannte niederösterreichische Waldviertel erstreckt und daher weniger verzehrungssteuerpflichtige Objekte aufweist als die übrigen Finanzbezirke dieses Kronlandes, steht das Erträgnis der Gefällenverwaltung, zumal die Möglichkeit der Erfolgsteigerung hier eine außerordentlich geringe ist, zu dem Regieaufwande in keinem solchen Verhältnisse, dass auch für die Hinkunft eine abgesonderte Verwaltung dieses Bezirkes in Absicht auf die indirekten Steuern und Gebühren angezeigt wäre. Eine wesentliche Beeinträchtigung der Interessen der Bevölkerung wäre mit der Auflassung der Finanzbezirksdirektionen in Korneuburg und Stein nicht verbunden, zumal Wien von Korneuburg in halbstündiger, St. Pölten von Stein in einstündiger Bahnfahrt erreichbar ist. Auch ist eine Überlastung der Finanzbezirksdirektionen in Wien und St. Pölten in keiner Weise zu befürchten, denn diese Behörden werden ohne Erweiterung ihrer bisherigen Ubikationen und mit einer verhältnismäßig geringen Zuteilung von Personal aus dem Stande der aufzulassenden Finanzbezirksdirektionen die Geschäftsführung in ihrem erweiterten Amtsbereiche besorgen können. In personeller und ökonomischer Beziehung wird sich durch sukzessive Einziehung von 15 Konzeptsstellen, fünf Kanzleikräften und zwei Dienern ein Ersparnis von rund 52.000 K, durch anderweitige Verwendung der Lokalitäten der Finanzbezirksdirektionen in Korneuburg und Stein ein sachliches Mindererfordernis von 11.000 K jährlich ergeben, sodass hiedurch der Mehraufwand an höheren Aktivitätszulagen und einmaligen Übersiedelungsgebühren von zusammen beiläufig 26.000 K reichlich aufgewogen wird. Bei diesem Anlasse gibt der Finanzminister folgenden allgemeinen Erwägungen Ausdruck: Die Aufhebung der Finanzbezirksdirektionen in Stein und Korneuburg würde ein weiteres Glied in jener vom Finanzminister eingeleiteten Aktion bilden, welche auf eine Verbilligung der Verwaltung, unter anderem auch durch Einziehung nicht unbedingt notwendiger Behörden, eingeleitet wurde. Der Beginn dieser Aktion wurde bereits, abgesehen von der Aufhebung einer Reihe von Steuerämtern, durch die mit Ah. Entschließung vom 8. August 1916 genehmigten Zusammenlegung der Staatsschuldenkassa mit der Staatszentralkassa zur Ah. Kenntnis genommen11. Mit einem gleichzeitigen au. Vortrage wird auf dem Gebiete des Finanzprokuraturdienstes die im Ministerrate vom 17. Juni l. J. beschlossene Aufhebung der Finanzprokuratur in Klagenfurt beantragt12. Durch diese Aktionen, welche jede an sich schon eine gewisse Ersparung an Personal und finanziellen Mitteln zur Folge haben, in ihrer weiteren Konsequenz aber auch zu anderen, mit der Vereinfachung des Geschäftsbetriebes verbundenen finanziellen Ersparungen führen werden, soll sukzessive die Bedeckung aller jener Mehrauslagen geschaffen werden, welche sich wie die Teuerungszulagen der Beamtenschaft, Pensionisten etc. als unabweisliche materielle Besserstellungen der verschiedenen Staatsbediensteten-Kategorien darstellen und auf diese Weise nach dem Plane des Finanzministers allmählich das Gleichgewicht für notwendige Personalmehrauslagen durch Verwaltungsersparungen wieder hergestellt werden. Dringend erforderlich erschient hiezu allerdings, dass auch die übrigen Zentralstellen dem Beispiel der Finanzverwaltung im eigenen Ressort mit vollem Verständnis für die Notwendigkeit dieser Aktion folgen und fügt der Finanzminister bei, dass er diesbezüglich die Zentralstellen gemäß seinen Ausführungen in dem erwähnten Ministerrate in einer besonderen Note begrüßt hat. Für die Auflassung der Finanzbezirksdirektion in Korneuburg und Stein an der Donau sowie deren Vereinigung mit den Finanzbezirksdirektionen in Wien bzw. St. Pölten beabsichtigt der Finanzminister die Ah. Kenntnisnahme und die Ag. Gestattung einzuholen, dass die entsprechende Verfügung mit 1. Jänner 1917 in Vollzug gesetzt werde. Hiezu erbittet er die Zustimmung des Ministerrates13.
Zu IV.Auszeichnungen Quelle: Ministerratsvortrag Finanzminister in
FM., Präs., Bd. a.Nr. 66 (Vorträge des Herrn Finanzministers im Ministerrat 1916)14.Vortragender Minister: Finanzminister.
Um hervorragende Verdienste im Interesse der Förderung des Erfolges der Kriegsanleihen einer entsprechenden Anerkennung an Ah. Stelle zuzuführen und um gleichzeitig weite Kreise zur erfolgreichen Mitwirkung bei künftigen staatlichen Kreditoperationen anzuspornen, hat der Finanzminister mit Zustimmung des Ministerrates bereits für eine Reihe von Funktionären der Bankwelt Ah. Auszeichnungen erwirkt15. Wiewohl seitens des sprechenden Ministers noch für Funktionäre von Sparkassen und für Publizisten die Erwirkung Ah. Auszeichnungen in Aussicht genommen ist und die Absicht besteht, Persönlichkeiten, die sich um die Propaganda der Kriegsanleihen besonders verdient gemacht haben, wie insbesondere Lehrer und Geistliche, zur Beteilung mit dem Kriegskreuz für Zivilverdienste in Vorschlag zu bringen, erscheint es doch, um eine übermäßige Vermehrung der Ah. Auszeichnungen zu vermeiden, nicht möglich, alle, die in dem vorangedeuteten Sinne einer Ah. Auszeichnung würdig wären, für eine solche an Ah. Stelle zu beantragen. Es dürfte sich daher empfehlen, alle jene, die im Interesse der Förderung des Erfolges der Kriegsanleihen sich verdienstlich betätigt haben, jedoch für eine Ah. Auszeichnung nicht infrage kommen können, der Anerkennung für ihre bisherige Wirksamkeit in einer neuen, dem Anlasse angepassten Form teilhaft werden zu lassen. Einer Anregung des kgl. ung. Finanzministers folgend16, beabsichtigt der Finanzminister, eine Ah. Ermächtigung zu erwirken, dahingehend, dass in den vorangeführten Fällen als Anerkennung für hervorragende Verdienste im Interesse der Förderung des Erfolges der Kriegsanleihen künstlerisch ausgestattete Dekrete erfolgt werden dürfen, die für den Betreffenden gleichzeitig ein Andenken an die große Zeit des Weltkrieges bedeuten sollen. Diese Dekrete, die der Finanzminister zu fertigen hätte, wären mit tunlichster Übereinstimmung mit der ungarischen Fassung etwa folgendermaßen zu formulieren:
„Aufgrund Ah. Ermächtigung Sr. k. u. k. apost. Majestät stelle ich hiemit dem N. N., der im Interesse der Förderung des Erfolges der Kriegsanleihen eine hervorragende Tätigkeit entfaltet und dadurch dem Vaterlande in der Zeit des Weltkrieges vorzügliche Dienste geleistet hat, dieses Anerkennungsdekret aus. Wien, am … Der k. k. Finanzminister.“
Die zu erwirkende Ah. Ermächtigung sowie die Namen aller jener, welche ein solches Anerkennungsdekret erhalten werden, wären im Amtsblatte zu publizieren. Der Finanzminister erlaubt sich die Zustimmung des Ministerrates zur Erstattung des bezüglichen au. Vortrages zu erbitten17.
[V.–XXVI. fehlt.]
How to cite
Die Ministerratsprotokolle 1848–1918 (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/mrp-static/MRP-3-0-08-1-19160814-P-0109.html)