Von Jean Paul an Christian Otto. Leipzig, 11. Juli 1798.
Brieftext
Hier hast du ein Konvolut fremder, übrigens ziemlich brieflicher
Briefe. Deiner hat mich bis ins Mark des Herzens erquikt. Oft
durch
streif’ ich vergeblich die
Zukunft und pralle immer vor der Unmöglich
keit zurük, je mit dir unter demselben geographischen Grade, derselben
Minute, Sekunde, Terzie zu leben; und doch nimt dieser Wunsch
mit
der Trennung zu. Ach könte denn nicht Gott Hof zu einer
Stadt ge
schaffen haben, in der man wenigstens
nicht des Teufels würde, gesezt
auch man würde da mehrmals des
Henkers? —
Klinger wirst du mit den Büchern bekommen haben, die ich stets
sogleich aussuche, wiewohl sie noch wie ich höre mit 10 andern
die bei
dir im Hafen liegen, einige Zeit vor Anker gelegen sein
sollen. Schicke
mir doch Nummern, und zwar darum, weil ich
unmöglich merke,
welche ich dir gerade schon geschikt haben
mag.
Das Existieren in Leipzig kan mein Bruder bei der Menge
meiner
Bekanten unmöglich wagen; aber über das in Halle glaub ich dir. —
Dieser Vorhang über seinem Weg und über seinen Szenen ist jezt
für
mich sehr schwarz gefärbt.
Ich habe mich in meiner Eremitage über viele Punkte runder ge
schliffen und gebessert.
Aber wie ich dir schon einmal geschrieben, das Verhängnis hat mir
einen neuen Lebensplan in den Kopf gesezt; und du solst ihn
zuerst
erfahren.
Lebe wohl, mein Guter!
Den 24ten geht die Berlepsch
nach Eger, aber nicht über Hof
—
weil ihr die Erinnerungen zu hart fallen — thut es aber
auf dem Rük
wege, wenn die Sache
geschieht, wobei Wer[n]lein ins Spiel ge
zogen wird.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_107.html)