Von Jean Paul an Caroline Henriette Susanne Friederike von Feuchtersleben. Weimar, 17. Juni 1799.
Brieftext
Ihr Brief theilt wie Ihre Gegenwart und das Leben und alles gleich
viel Schmerz und Freude aus. Diese hab’ ich über Ihr h. Herz
und
über seine schönen Früchte, die aus den Blüten der
Phantasie vor
schimmern. — Nichts giebt
Glük oder Unglük als das Herz, das eigne
oder fremde, meistens
beide. — Wie gern nähm’ ich, liebe Seele, alle
deine Wunden in
die meinige! Die Liebe wohnt ja näher am Gottes
acker als am Freudensalon. — Ich wolte Ihnen nur einen
grünern
Pfad anzeigen, der nicht immer in Grüfte hinab und
auf Gräber
hinaufgeht. Auch könt’ ich nie über das Dasein
Ihrer Freundschaft
(obwohl über den Grad derselben) irren. —
Sagte mir das das
Schiksal gewis
voraus, ich würde dich und mich nicht länger quälen,
sondern Abschied nehmen und auf immer schweigen und das weinende
Auge wenn ich könte auch von dem Bild in mir wegziehen. O
wie
tief greift dieser harte Gedanke schon jezt in mein
Herz!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_282.html)