Von Jean Paul an Paul Emile Thieriot. Weimar, 17. August 1800.
Brieftext
Mein guter lieber Thieriot!
[Unfrankiert, sonst schick’ ich ihr das Geld wieder unfrankiert.
—]
Tiek handelt unmoralisch gegen mich, den Bekanten und Nach
geahmten, aber besonders, weil er sich
für den milden Tadel rächen wil,
den ich vor Schlegel
über seine Sachen ausgesprochen. — Bisher sas
ich noch gelassen da und hatte den Krokodilrachen offen für
alle
Mücken und alles was darin stach und sog; wenn sie
mich aber zu
arg stacheln, so schnapp’ ich zu.
Schreiben Sie mir besonders die Rezensionen über den Clavis,
dems
schwerlich wohlgehen kan, weil entweder der eine
Zensit zu wenig
Spas oder der andere zu wenig Philosophie
oder der dritte zu wenig
von allen beiden wissen wird.
Die Lage Ihres Herzens thut meinem weh. Bei Gott! Ihnen fehlt
nichts als Gott und Unsterblichkeit, nämlich der Glaube an beide. Dan
käme in Ihr Leben, um das 64 Winde spielen, Eine Richtung und
Ein
Kompas. — Warlich Sie solten suchen, beide zu glauben.
Schon Liebe
wäre etwas. Aber so ist Ihnen noch weniger zu
helfen als dem gräzi
sierenden
H[erma]n.
Gott segne Ihre Studia. — Im Nekrolog Schlichtegrols steht
Hippels schönes Leben. —
Leben Sie wohl, Lieber. Ich gehe über Dessau nach Berlin. Der
Glaube an den Ewigen, nicht an das Ewige, heile Ihre Seele!
Den Brief an Oertel geben Sie an Beygang.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_507.html)