Von Jean Paul an Carl Christian Rolsch (Roltsch). Hof, 12. November 1795.

Zum TEI/XML DokumentZur originalen Webseite

Brieftext

Kopie
[ Hof, 12. Nov. 1795 ]

Ich hoffe, daß das sandige Arabien, wo Sie nun den Mockakaffee
trinken, auch das glükliche für Sie sei. Wahrscheinlich wird das
kleine Stük vom Flusse der Zeit, das vom November bis zum Mai
verläuft, mich in die Gewässer der Spree und in die Wohnung ziehen etc.
Wenn Sie bisher einen Auxiliar Genius hatten: so haben Sie in den
Berliner Strudeln und Ir-Klüften auf [der] rechten und linken Seite
einen nöthig. In grossen Städten kan man alles leicht werden, gelehrt,
reich und froh — nur nicht gros und gut. Das gute Schiksal bedecke
Sie gegen den moralischen Gassenkot, der so leicht in grossen Städten
an uns sprizt — Die wenigsten Mädgen haben eine Mutter. — Sie
scheinen der Gellertschen Regel, daß ein Brief ein Gespräch mit
Abwesenden sei, darin zu folgen, daß Sie Ihre Ortographie [!] nach
der Aussprache modeln. Schreiben Sie nur jede Woche 14 Wörter
recht. Zum Rechtschreiben gehört langsam schreiben.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 2. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1958.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K (nach Nr. 186): 12 Nov. Roltsch. i: Nachlaß 4,264×. B: IV. Abt., II, Nr. 55. A: IV. Abt., II, Nr. 63. 127,8 rechten und linken] aus jeder

Einlage in Nr. 192. Nach A enthielt der Brief die Aufforderung, nochmehr von der Familie Matzdorff zu schreiben. 127, 7 Auxiliargenius: wohl Jean Paul selber, vgl. zu Nr. 10. 12 Mädchen: die Bemerkung bezieht sich vielleicht auf Sophie Völkel (s. FB Nr. 4), in die Rolschanscheinend verliebt war; er hatte sich in B nach „Demoiselle Fikchen“erkundigt, vielleicht auch einen Brief an sie eingelegt: „H. Moritz versprach mir, einige Zeilen an Ihnen mit einzuschlüssen; nehmen Sie nichtungietig, das ich wieder welche einschiebe und daher eine gedoppelteEinlage mache.“ Im Brief an J. P. IV, Abt. II., Nr. 69 schreibt er: „Sie schrieben mirneulich, Madem. Völkelin wird schöner; daher bin ich so frei etwas an siebey zu legen, das ihrer Schönheit vielleicht mehr Werth giebt ...“

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_191.html)