Von Jean Paul an Henriette Voigt. Hof, 4. März 1796.
Brieftext
Ach das weibliche Geschlecht hat gegen den langen Schmerz seines
Lebens den schmerzstillenden Schlaftrunk der Dichtkunst so
von
nöthen! Indes wenigstens durch die
mänliche Jugend ein beständiger
frischer Morgenwind zieht: so
ermattet schon die weibliche unter
schwülem Sirocko und
Harmattanwind. Garofalo malte ein schlafen
des Kind, über
d[as] ein Engel eine Dornenkrone hält.
So würd’ ich
das weibliche Geschlecht malen — und wenn es
erwacht, drücke der
Engel die Dornenkrone herab. Der Lebenstag
gehe sanft, heiter,
blau und warm und mit nicht mehr Gewölke
als zu einem Abendroth
gehört über Ihr Haupt hinüber.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_257.html)