Von Jean Paul an Luise Henriette von Schuckmann. Hof, 13. März 1797.

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Brieftext

Kopie
[ Hof, 13. Mär. 1797 ]

Ihre Briefe bringen immer ausser dem Honig noch einen Stachel mit,
den auch die Blume, aus deren Nektarien sie jenen bekommen, an sich
hat. Ich liebe die Briefe so sehr, daß ich den Sinesern gleiche, bei denen
Gelb die ausschliess[ende] kaiserliche [?] Farbe ist, so schäz’ ich das Post
gelb; ich lasse einen Brief lang auf dem Schreibtisch liegen, um seinen
Verfasser zu vergessen und mir ½ Terzie lang weiszumachen, er gehöre
an mich [?]. Wozu sollen die Abbreviaturen unsrer gallischen Dialogen
in unsre Briefe? Ich sehe nicht, warum man eine Sache anfängt, wenn
man sie nicht endigen wil und warum man den Brunnen der Wahrheit
nicht mehr ausschöpfen sondern nur wie Wasserinsekten befahren wil?
Ungleich den Bienen, trag’ ich im Winter auf den Sommer ein und
spare mir kurze Tage zusammen um lange zu geniessen. Ihr[e]
Freund[in] solte weiter keine Flügel gebraucht haben als geistige und mit
den leuchtenden Weltkörpern auch die Unbeweglichkeit gemein haben.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 2. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1958.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K (nach Nr. 540): die Schukman 13 März. B: IV. Abt., II, Nr. 181. 306,10 Blumen 15 Wozu sollen] nachtr.

Henriette hatte einen Brief der Krüdener (IV. Abt. (Br. an J. P.), II, Nr. 176) übersandtund ihm Vorwürfe wegen seines Schweigens gemacht. 306, 11–15 Vgl.I. Abt., VII, 264,14–19 (13 ist ein selbstverfaßter Brief gemeint).

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_553.html)