Von Jean Paul an Christian Otto. Hof, 30. Mai 1797.
Brieftext
Schon 100mal wolt’ ich mich hersezen, lieber Otto — weil ich
immer vergeblich darauf passe — und dich daran erinnern, daß du
einmal gesagt, daß du dein künftiges Honorarium zu einem
Ver
gnügen, d. h. zu einer kurzen
poetischen Einsamkeit verwenden woltest.
Da du am Sontag noch
dazu von dieser Einsamkeit deine litterarische
Arbeit abhängig
machtest: so bitt ich dich herzlich, nim wie es einem
Freunde
geziemt, mein Anerbieten dazu an, 50, 100 etc. rtl. alles was
du wilst stehen dir zu Gebot. Ich erröthe oft, wenn ich an die
vorige
Zeit denke und an meinen Mangel an Gelegenheit, dich
nur zur
Hälfte nachzuahmen. Da ich jezt so viel und es ganz
unnüz liegen habe:
so besteht meine Gefälligkeit in weiter
nichts als daß ichs zusammen
zähle. Denke
nach und gönne mir die Freude, daß ich dir auf 4, 6 Wo
chen die Wolken an deinem Himmel habe auseinanderrücken
helfen
und borge mir wenigstens so viel ab, als du mir —
geschenkt hast. An
die 1000 rtl. mag ich ungefähr haben.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_625.html)