Von Jean Paul an Christian Otto. Hof, 24. Juni 1797.
Brieftext
Dein Billet hat meiner Seele wohlgethan: es kam mit der mir von
Kosegarten geschenkten treflichen Eusebia zurük, die ich
dir nach
Hirschberg (da die andern Bücher nicht dazu taugen) mitgeben
wolte.
Ich bereue nichts, am wenigsten den Sontag. Zur
Menschenliebe
nicht, aber zur Freundschaft gehört
fremde Liebe und fremder Werth.
Unsere Associées,
zumal A[möne] beleidigen mich zu oft:
ich mag
diesen Kontrast mit meinem ausserhöfischen Verhältnis und mit
meiner
Liebe nicht mehr ertragen. In Hoffek war deine Anmerkung
über mich
und G[eorg]
schädlich, aufreizend, und auch für mich zu stark. A. hatte
mich vorher mit mehreren Nadeln gestochen und mein Inneres
war
also vol Wundenblut. Leider zogen allemal meine nothwendigen
Kreuzzüge gegen A. Verkennungen zwischen uns beiden nach
sich.
Meine Liebe zu dir ist nicht einmal irgend einer
von 2en Änderungen
fähig; aber deine kan ich nie gewis genug
haben, und ich bin so eifer
süchtig als
einer in der andern Liebe. Übrigens hast du öfter (moralisch)
Recht und ich mehr Liebe, oft leider auf Kosten des Rechts. Sonderbar
schonest du oft alle, mich nicht. Da ich noch keinen Menschen
in der Welt
so geliebt und so liebe wie dich, so must
du mir, zumal meiner mit lauter
aufbrausenden Welten gefülten
Seele, wohl manches nachsehen. —
Ich komme vielleicht Montags
zu dir, vielleicht nicht. Es ist vorbei, und
alle Güte und
Liebe bleibt. Aber thue mir nichts mehr! Ach es wird
euch
allen zu leicht, mich nicht zu haben! —
N. S. An A. hab’ ich geschrieben, nicht mit der Bitterkeit des
Herzens sondern der Wahrheiten
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_651.html)