Von Jean Paul an Ludwig Gotthard Kosegarten. Hof, 28. Juni 1797.
Brieftext
Ich bin froh, daß wir unsre Hände durch das Medium des Papiers
vereinen und wenigstens einerlei berühren. Sie solten diesem Buch eine
Verklärung durch Auferstehung gönnen, indem Sie blos
gewisse
irdische Theile in der Erde liessen. — Nicht blos
wegweisende, auch
tragende Arme — Kant ist ein Bayle, Jakobi
[ein] Leibniz, jener
hat mehr Dialektik, dieser mehr Meta-physik, jener macht uns
sein unbekantes X für ein U des Realen vor, dieser
giebt uns
dieses. — Nicht dem Werthe des Gesangs, sondern
des Gegenstandes
must’ er
[Schiller] die Stelle Ihrer andern
Gedichte versagen. —
Nicht bei sondern aus mir herausgekomme Werke. — Meine
Seele
schlingt sich jezt mit Armen und Flügeln an den Titan
an, der
wenigstens typographisch einer ist: nun fühl’ ich die Stösse
des Erde
schifs nicht mehr und sehe
nichts als das, was ich male. — Mit dem
Frühling fieng ich
mich an. — Im Wasser der elterlichen Thränen
wird Ihnen der
Stab, worauf Sie sich lehnen, gebrochen vor
kommen. Möge diese Seele — da eine weibliche nicht wie wir den
Bliz des Schmerzes durch Bücher ableitet — sich an der
festern Brust
entladen und möge sie immer lang an Ihnen
weinen, nur nicht so
bitter.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_654.html)