Von Jean Paul an Emanuel. Meiningen, 6. Dezember 1802 bis 7. Dezember 1802.
Brieftext
Mein guter Emanuel! Schmerzlich für mich verschob ich meinen
Dank an Sie. Des Lebens Unkraut ist endlich wieder verdort,
das
mich (ins Nez) verstrikte. Nämlich die
Milchversezung meiner zwar
nicht betlägerigen aber doch
bedeutend-kranken Frau ist geheilt —
die Ehe kehrte mir ihre Winter-Seite zu — und ich
konte da nicht,
zumal mit Accompagnement, schreiben, wozu noch der Abschlus des
ganzen Titans (heute gieng er nach Berlin) mit seinen Nöthigungen
und Schwächungen kam. Der 4te —
38 Bogen starke, Anhangslose —
Band sol den Leser kaum
Athem holen lassen und mich wieder zu
Athem bringen.
Wie haben wir beide Ihrer holden Gesinnung ge
dankt, die bis auf den kleinsten Faden eine Perle an
diesen reiht! Ihre
Natur wird von mir — von meiner jezigen
Schärfe — recht rein er
kant, und mein
Lob — das eines Vierzigers — wiegt etwas. Emanuel,
Sie sind zu loben. Auch der gute heitere Uhlfelder ists, dem ich für
sein Portativ-Ulm recht
danke, obs gleich nicht durch meinen Schlund
etc. reiset. Wer so erfreuet und erfreuend und leicht
aussieht wie U., ist
ein guter
Mensch; der schlimme sieht wolkig aus, neblig oder wie eine
Nacht.
Das Bier ist herlich eingeschlagen. Ich wolte gerade das Abendbier
holen lassen als die Fässer kamen und ichs daraus erhob.
Der Fuhr
man foderte 3. rtl. über die
bedungne Fracht von Ihnen; aber ich
schenkte sie ihm gern
wegen seiner Klagen. Vermuthlich lud er noch
andere Fracht.
— Der Tauftag wurde 3 Tage vor der Taufe fest
gesezt; wie solt ichs da machen? Sie um die Freude des
Mitfestes
bringen? — Einige Süssigkeiten von Ihnen
waren in eine für mich
eingewickelt, in Programmen von Langlois. Können Sie mir nicht
unfrankiert ein Paquet davon zufertigen? Ich wil dem
Sprach
meister eine Kammer in meinem
komischen Roman bauen, oder eine
Statuen-Nische, damit man ihn anbete. — Otto wird doch
meine bis
herigen Antworten auf seine
bisherigen Briefe erhalten haben. —
Allerdings hatt er mir
auch etwas durch den 3[?]spänner zu
schicken,
das dicke Paquet seiner alten Briefe an
mich.
Assessor Krause war bei mir, es ist wenig von ihm zu
sagen, und
er selber wuste noch weniger zu sagen. — Das Schöne hat Coburg
daß ich oft zu Fusse in 2 Tagreisen — die erste bis
Schwarzach —
nach Bayreuth kan. — Der Herzog
lies mir durch den Präsidenten
Heim Vorstellungen gegen den Abzug thun. Die Leute hier
fassens gar
nicht, daß ich mich hier nicht begraben lasse. Ich schiebe
freilich alles
aufs Bier u. s. w.; daß man hier fast dum
ist, wil ich ungern sagen,
weil ich nicht weis, ob
es nicht einen und den andern beleidigt. —
Adio Guter! Noch einmal den Bier-Dank! Jezt kan der
Winter
kommen, wie wohl doch der Schnee länger liegen bleiben
wird als
das Bier.
Gott gebe doch, daß Emma so lange so engelschön bleibt
bis der
Diphthong sie gesehen.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_331.html)