Von Jean Paul an Johann Adam Lorenz von Oerthel. Hof, 9. April 1785.
Brieftext
Mein lieber Örthel,
Mein Brief wird wie eine sehr gute Geschichte nichts anders als
Geschichte enthalten. Ich ersuche dich daher, daß du mir in allem
glaubst und es nicht wie die Jansenisten machest. Diese lassen
die
Untrüglichkeit des Pabstes nur in Glaubenswahrheiten, aber nicht
in historischen gelten. Ich darf aber vielleicht hoffen, daß du nicht
eher glaubst, ich lüge, als nur bis ich von metaphysischen und
andern
Glaubenswahrheiten rede; denn in historischen wirst du mir das
Vorrecht des Pabstes
wol nicht entziehen.
Ich sprach neulich mit dem Kommerzienrath Maier. Er klagte mir
die Ungerechtigkeit des H. Pfingsten, der sich für eine
Übersezung, der
er den Namen einer eignen Arbeit gab, 4 fl. für ieden Bogen
vom
Maier zahlen lies. Ich that ihm den Antrag, mein Buch zu
verlegen;
und er nahm ihn mit vieler Bereitwilligkeit an, die mir
natürlich
scheint, weil er mich schon oft um Arbeiten
gebeten und auch iezt erst
den Auszug aus einem französischen
Buche angetragen. Ich lasse die
Satiren in Quart drukken; er lässet
mir überhaupt in allem (in der
Bogenzahl) freie Hand. Er hoft
sogar sie vielleicht mit einer neuen
Presse drukken zu können.
— Meine Satire für sein Intelligenzblat
wird wegen ihrer Länge erst in die besondere Samlung
eingerükket, die
er nächstens von den bessern Aufsäzen seiner
Zeitung veranstalten wird.
Vorgestern bekam ich vom Seiler in Leipzig einen Brief, worin er
mir, fals ich ihm oder dem Herman das Manuskript in 8 Tagen
schikte,
es anzubringen verheisset. Ich habe daher an beide
geschrieben und
den Herman gebeten, einige Stükke dem Seiler in
die Hände zu
geben. — Sonach werd’ ich wol nicht zwar Ein Manuskript (so
sehr ich es übrigens nach allen
Regeln einer gesunden Moral auch
dürfte) aber doch zwei Manuskripte an zwei Verleger
verkaufen und
mit zwei Kindern, an ieder Hand eines, in
die eben so vernünftige als
närrische Welt hineintreten.
Endlich bat mich der H. Pfarrer in Rehau, dich zu bitten; du erinnerst
dich nämlich an die A. D. Bibliothek, die er dir für 50 rtl.
(denn die
Bände haben sich seither merklich vermehret) überlassen wil.
Auch
hab’ ich ihm versprochen, dich künftigen Sommer
ihm lebendig in die
Hände zu liefern; und da ich wirklich
einigen Nuzen von dieser Ein
händigung
ziehen mus, so werd’ ich dich ohne Bedenken einmal nach
Rehau
geschikt entführen.
Auf diesen Brief antworte mir so eilig als ich ihn geschrieben. Bist
du indessen noch nicht von deiner geistigen Krankheit (der
Trägheit)
wieder hergestellet: so werd’ ich gerne dein
Stilschweigen auf die
Rechnung deiner körperlichen sezen. —
Ausser deinen Brief möchte ich
auch noch den Don Quixotte (3
und 4ten Theil) von dir haben. —
Übrigens soltest du es wol bedenken, daß alle Tage in Töpen
Post
tage für den sind, der nach Hof ein
Schreiben zu bringen wünscht.
Endlich lebe recht wol und alle die, die bei dir sind. Schreib’ mir
auch den Zustand deines Körpers.
Hof den 9. April 85.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_99.html)