Von Jean Paul an Richard Groote. Bayreuth, 23. Februar 1821.

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Brieftext

Baireut d. 23ten Febr. 1821

Höchstgeschätzter Herr Groote!

Leicht hätte Ihr letzter Graves-Wein mein Grabes-Wein werden
können, wenn ich mir mehr als 20 Bouteillen davon eingenöthigt hätte;
so schlimm wirkte er auf meine Lunge und auf den Herzschlag. Im Winter
vertrag’ ich nur den reinsten Wein; jener aber war bei der Untersuchung
zwar nicht mit Schwefel, oder Metall versetzt, jedoch hatt’ er — wie oft
Trinker selber — sich durch Weingeist oder Arrak majorenn und geist
reich machen wollen. Es ist freilich zum Theil Strafe meiner Schuld.
Denn bisher hatt’ ich mir immer von Ihnen Haut-Sauterne erbeten,
und jedes mal den trefflichsten Wein erhalten. Ich mußte das Oxhoft
gegen ein bloßes Feuillett weißen Burgunder vertauschen — weil hier
wenig Aechtes von weißen Bordeaux-Weinen zu finden ist —; und auch
diesen mir wenig zusagenden Burgunder muß ich wieder mit andern ein
getauschten rothen Weinen abwechseln lassen. So bin ich denn in meinen
alten Tagen ein Weinhändler nicht so wol als ein Wein-Wechsler
geworden; aber auf Kosten meines Körpers und meines Beutels;
denn ich bezahle für jede Flasche gerade das Doppelte meines gewöhn
lichen Bedarfs.

Ich bitte Sie daher, mir, sobald der Main schiffbar wird — was
wahrscheinlich Ende künftiger Woche geschieht — ein halbes Oxhoft
Haut-Sauterne
der frühern köstlichen ächten Art gütig zuzusenden. Ich
überlass’ es nun Ihrer Billigkeit und Ihrem bisherigen Wohlwollen
gegen mich, in wie weit Sie bei dem Preise für den Sauterne Rück
sicht auf einigen Trost über den wahren schweren (Grave) Bastartwein
nehmen wollen. Ein Seitenblick auf die jetzo um ¼ erhöhte Mauth
würde auch zu dem Troste gehören.


Übrigens ersuch’ ich Sie, in der Antwort an mich — die ich Sie
dringend mir recht bald zu geben bitte — nur mit Einem Worte
meiner Bezahlung aller bisherigen Weinschulden gefällig zu gedenken.
Mit alter Hochachtung und Hoffnung


Ihr
ergebenster
Jean Paul Fr. Richter

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: DLA, Marbach; ehem. Eduard Berend, Genf. 3 S. 8°; 4. S. Adr.: Herrn Kaufmann Richard Groote Wohlgeboren, Frankf. a. M. Eigenhändig zu erbrechen. Präsentat: rec.26 Feb., resp. 24 Maerz. K: Groote d. 23 Febr. J: Frankfurter Museum,1856, Nr. 4. 98,10 eingenöthigt] aus aufgenöthigt H 18 vielleicht Feuillette H 28 gütig] aus gütigst H 34 der Antwort] aus dem Briefe, H

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_148.html)