Von Jean Paul an Alexander Ferdinand Anton Graf von Westerhold. Bayreuth, 18. Oktober 1821.

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Brieftext

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[ Bayreuth,18. Okt. 1821 ]

Verehrtester Herr Graf!

Der Wunsch eines Freundes, Ihnen durch mich bekannter zu werden,
trifft mit meinem zusammen, Sie an mich zu erinnern, und an die vor
jährige Geisterstunde einer Todten- oder vielmehr Seeligen-Feier. Ich
will mir aber hier nicht viel davon zurückrufen, denn ein neuer Todter,
mein einziger herrlichster Sohn von 18 Jahren, schwebt vor meiner
Seele und sieht, wie sie nie sich hier unten trösten kann über seinen
Dahingang. —

H. Emanuel Osmund, der Ihnen dieses Blättchen übergibt, ist
seit 20 Jahren mein Freund, und ich bin seiner. Obgleich ein Jude, ist
er doch, wie Johannes, der ja auch einer war, der Jünger der Liebe.
Die Kraft und die Milde seines Charakters, der Scharfblick und die
Uneigennützigkeit in seinen Geschäften, kurz der volle Mann verdient —
damit ich mit dem schönsten Lobe aufhöre — von Ihnen erkannt zu
werden.


Leben Sie viel froher als der, der es Ihnen hier wünscht. Mit
innigster Hochachtung etc.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K (von Karolinens Hand): An Grafen von Westerhold in Regensburgden 18ten Okt. i: Beilage zur Leipziger Zeitung, 15. Dez. 1881, Nr. 100. 139,2 Todter] von J. P. verb. aus Tod

138,32 f. vorjährige Geisterstunde: s. 32, 31ff.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_218.html)