Von Jean Paul an Caroline Richter. Bayreuth, 31. März 1822.

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Brieftext

Baireut d. 31. März 1822

Theuerste Karoline! Deine liebereichen Zeichen bekamen wir gestern,
wo überhaupt allerlei Angenehmes für mich, z. B. der Wein, ankam.
Verzeih jetzo meine Kürze, da ich vor dem Arbeiten schreibe. — Emma
erfreut mich durch ihre Kochkunst und Heiterkeit und alles. Auch ihr
wird jede Freude gegönnt. — Eile nicht mit der Rückkehr; denn ich
warte doch erst das schönste Wetter ab. Aber wie könnt’ ich in deiner
Abwesenheit verreisen mit der Sehnsucht schon, da es genug ist, mit ihr
heimzukommen. Wenigstens 8 Tage muß ich vorher mit dir zusammen
sein. An Minna hab’ ich geschrieben. Aber schreib ihr von Würzburg
aus, daß sie meine Stube nicht schon vor meiner Ankunft miethe, die
ich nicht übereilen und prophezeien will. — Heitere deine beklommene
Seele durch Geselligkeit aus. Erforsche, ob ich, wenn mich später einmal
die Sehnsucht nach Würzburg treibt, da freundliche Leser und Leserinnen
antreffe und besonders, was ich am Hofe zu erwarten hätte. — Was
sagte H. Heine zu meinen Zeilen und Bitten? Stell’ ihm ja meinen
Wunsch der frühen Zurückkehr Odilias recht lebhaft dar, da er zwar die
Kur nicht beschleunigen, aber sie doch leicht deiner Sorgfalt und meiner
Einsicht früher anvertrauen kann. — Grüße ihn und Auguste, diese
Pflegeltern unsers lieben Kindes, recht von mir. — Nichts hass’ ich
mehr als eine Zusammenkleisterung mehrer Gesichter, noch dazu von
einem Maler, der den Gegenstand nie gesehen und dem keine Er
innerung nachhelfen kann. Wollen wir uns mit dem doch ähnlichen
Sterbegesicht unsers Max behelfen, bis wir auch eines machen. —
Ich bin bei diesem wetterwendischen Wetter gesund genug. Unterbrich
deine Feiertage durch keine Reise; und es gehe dir innigst wohl; dieß
verdient dein Herz der Liebe.


Dein
R.

Der Wein, dessen erste Flasche mir zu bekommen scheint, wird morgen
durch den Hofbüttner abgezogen, weil das ohne Überfaß gekommene
Faß Gefahr droht und auch weil ich froh bin, daß ich dir eine so schwere
Arbeit, zumal bei einer Ankunft, abnehmen kann.


Lasse Odilie, welche durch Neuheit und Jahrzeit Zerstreuungen genug
haben kann, nicht die theuern und unnützen des Theaters suchen.


Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 8. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1955.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Berlin JP. 2 S. 8°. 161,20 diese] aus die 23 nie] davor gestr. nicht 24 doch ähnlichen] nachtr. 35 Odilie] aus Odilien

Wohl noch nicht die Antwort auf Karolinens Brief Nr. 139, sondern aufeinen unterwegs oder gleich nach der Ankunft in Würzburg geschriebenen,nicht erhaltenen. 161, 16 am Hofe: in Würzburg residierte zeitweiseder Kronprinz Ludwig, s. Bd. VII, Nr. 293,118, 10†. 20 Auguste Oertel, Pflegerinin Heines Anstalt; vgl. 216,11 .

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_269.html)