Von Jean Paul an Konstantin Ludwig Freiherr von Welden. Bayreuth, 25. September 1822.
Brieftext
Ew. Exzellenz
sprachen neulich mit solcher Güte über das Unglück meines Bruders,
daß ich ihn veranlaßte, einen Bericht seiner Verhältnisse
aufzusetzen.
Möchten Sie diesem von Ihrer kostbaren Zeit,
deren Werth für den
Staat und die Überfülle der
Geschäfte sogar ich aus meiner Ferne
verehre, eine
Lese-Viertelstunde gönnen! — Der seltene Bund von
warmer
Menschenliebe und strenger Unparteilichkeit oder Gerechtigkeit,
welcher Ihro Exzellenz so viele Herzen außer- und innerhalb
Ihres
Wirkkreises erwirbt, wird eine Hülfe für meinen
unglücklichen Bruder
werden, der bei einem Lohne von
100 fl. jährlich, ein Paarmal 100,000 fl.
zu verrechnen
hatte, und zuletzt den Sparpfennig seines langen andern
Amtlebens zu einem Ersatz der Gelder opfern muß, deren über
schießende Sendungen zurückzusenden nicht alle Landgerichte
ehrlich
genug waren. Sein Verhältnis dürfte ihn sogar in
München unter dem
Namen Gnade suchen lassen, was eigentlich nicht sehr
verschieden von
Gerechtigkeit wäre! — Mit tiefster
Verehrung
ergebenster J. P. etc.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VIII_334.html)