Von Jean Paul an Julie Meier. Bayreuth, 27. Mai 1817 bis 28. und 30. Mai 1817.

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Brieftext


Kopie
Baireut d. 27ten Mai 1817

Ihr ganz aus dem Herzen kunstlos hervorgetriebnes Blättchen,
liebe Julie, — das aber eben wie ein Rosen- und ein Lilienblatt
keiner rothen und weißen Schminke bedarf — hat mir recht viel
Freude gebracht. Es thut gar nichts, wenn Sie mich viel zu sehr
loben und lieben; Sie haben doch Genuß dabei, und ich brauche nur
vernünftig zu bleiben und diese ganze Anmerkung zu machen. Ich
wollte, ich hätte wenigstens ein Paar Dutzend Menschen, gegen
welche ich in Ihren schönen Fehler fallen könnte.


d. 28ten
d. 30ten

Mit den Erinnerungen an meinen guten Meier haben Sie mir
ein schmerzliches Geschenk gemacht. Sein Bild von mir — das
einzige treffende, indessen alle Kupferstiche Verläumdungen oder
Verwandlungen meines Gesichts sind — seh’ ich seit dem Kriege
nie ohne Wehmuth an und es ist mir eigentlich weniger meines als
seines. Ein edles Herz, ein ächtes Talent hat nun die dürftige Erde
weniger und der reiche Himmel mehr. Aber seiner würdig war der
tapfere Tod. Nie werd’ ich den feurigen Jüngling und die frohen
Stunden mit ihm und seinem gefühlreichen Begleiter G[erlach]
vergessen. Grüßen Sie herzlich von mir seine (besonders Ihnen
nächsten) Verwandten. Leben Sie wol — behalten Sie Ihr warmes
Herz — und lassen Sie mich bei Ihrer kindlichen Liebe jetzo auch ein
mal zu Ihnen sagen: Du.

Jean Paul Richter

Textgrundlage

Jean Pauls sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 7. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1954.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

K (von Emmas Hand): Justizräthin Meier , geborne Albrecht in Nauen b. Berlin. i 1: Wahrheit 8, 86. i 2: Denkw. 3, 288. B: IV. Abt., VII, Nr. 52. A : IV. Abt., VIII, Nr. 267.

Die Schwägerin des Malers Friedrich Meier (s. Bd. VI, Nr. 62†), der, wie sie mitteilt, am 16. Juni 1815 bei Ligny gefallen war, hatte Jean Paul (den sie meist duzt) sans façon ihre Liebe und Verehrung gestanden und um ein kouvertiertes Blättchen mit seinem eigenhändigen Namen gebeten. 115, 5 Gerlach: s. Bd. VI, Nr. 81. 7 Verwandten: vgl. Bd. VI, Nr. 87. 10 Fr. (Friedrich) fehlt wohl nur aus Raummangel.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_287.html)