Von Jean Paul an Karl Ludwig von Knebel. Bayreuth, 13. Februar 1815.
Brieftext
Verehrtester Freund! Nicht blos mir, auch einer Freundin zu
Gefallen schreib’ ich dieses Blättchen. Fr. v. Regemann
wünscht,
daß ich Ihnen bezeuge, daß sie in ihrem heutigen Briefe die
Sache
gerade so erzählt habe wie sie mir solche vor
1½ Jahren vorgetragen.
Auch damals überzeugte sie mich, daß
nicht Eigennutz, sondern falsche
Berechnung und Großmuth sie
so unangenehm verwickelt habe. Ihr
wird hier nur der Vorwurf
der Liberalität und Großmuth gemacht;
es gehören aber mehre
Tugenden dazu einen solchen Vorwurf zu
verdienen als
zu vermeiden. Am wehesten that ihrem Ehr- und
Verwandten-Gefühl, daß nicht Ihre Hand geschrieben. — Und
jetzo
hab’ ich mein Versprechen gehalten; und stelle
vertrauend den Erfolg
Ihrem edeln Gemüthe anheim.
— Neulich hatt’ ich die Freude, 1½ Stunden lang von Ihnen
mit
Fr. v. Knebel zu
reden. Aber wann werd’ ich das größere haben,
mit Ihnen zu sprechen? Gibt es denn keinen Sommer und
keinen
Wagen mehr, der Sie hieher brächte? — Wär’ ich bei
Ihnen, so
würd ich Sie — wie ich bei Thümmel gethan — aus Ihrem ästhe
tisch-genießenden Farniente wecken und zur Sammlung Ihrer
Werke
stimmen oder quälen, damit unser Goetz-Properz nicht
später in die Hände und sinesischen Fingernägel eines Ramlers falle.
Denn gesammelt werden Ihre Gedichte doch einmal.
Seit vielen Jahren arbeit ich am Plane zu einem großen komischen
Werke, versplittere mich aber immer in die verdammten
Zeitschrift
Stücke. Ich habe so
viel zu schreiben und habe noch so wenig zu
leben; geht’s so
fort: so fahr’ ich aus der Welt und habe nichts
darin
gesagt.
Leben Sie wol, mein alter werther Freund! Ihr Leben bleibe
immer ein südliches Land, wo man Winter und Sommer wenig
unterscheiden kann. Ich grüße die Ihrigen.
Jean Paul Fr. Richter
Göthe und Einsiedel seien gegrüßt. Hier ist meine ganze Drei
einigkeit Ihrer Gegend genannt.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VII_31.html)