Eintrag in ein Stammbuch. Von Jean Paul an Thomas Johann Seebeck. Bayreuth, Mai 1812.
Brieftext
Räthsel.
Wo sind auf einmal 1) die schönsten Rosen ohne Dornen 2) die
Perlen vom reinsten Wasser 3) und der Juwel vom schönsten Feuer
zu finden?
Antwort:
Liebe lustige Lustspielerin! Jetzt kannst du dein Theater noch
tragen. Künftig trägt dich und dein Spiel das Theater des Lebens.
Aber auch dann sei dein Spiel so froh und so unschuldig wie
jetzt.
Wenn einmal dir, liebe Adeline, dein guter H. Vater meine
sämmtlichen Werke vorlieset: so wirst du darin von einer
trefflichen
Adeline hören und du wirst denken, ich hätte dich kopiert —:
bis
dahin also kopiere du sie.
Wenn ich einmal, liebe Rosalie, dich Sie nenne und du mehr
gewachsen bist, so wie dein Stammbuch auch: so bringe mir es
wieder, damit ich mich noch einmal hinein schreibe und sage: be
halten Sie in gütigem Andenken
J. P.
Luise (im Altfranzösischen Clotilde, so auch im Hesperus) ist
ein wichtiger Name. Das schönste Luisenstift ist das
Zimmer einer
guten Mutter. — Bleiben Sie immer dieser beiden Gaben
würdig.
Jetzt bist du, liebe Kleine, ein Veilchen — dann wirst du ein
Vergißmeinnicht — dann eine Lilie — dann eine Rose! Möge
immer ein warmer Himmel über deinem Blühen stehen.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/VI_645.html)