Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 11. Dezember 1806.
Brieftext
Ihr Brief hat mir grosse Freude gemacht. Nach seiner Lesung
hatt’ ich sogleich einen Aufsatz für Ihr Morgenblatt — im Kopfe —
fertig und brach meine vorige Arbeit ab, ihn auszuführen. Es
wäre
nämlich recht pikant, wenn der erste Aufsatz statt eines
Prologs
einen antizipierten Epilog (Schlußrede)
gäbe, den das Morgenblatt
doch einmal — und wär’ es nach 20
Jahren — bekommen muß.
Ich sage (oder weissage) nun in diesem
Epilog (mit Scherz und Ernst),
was seit der langen Dauer des
Morgenblattes gethan, geliefert,
überstanden undpolitische Anspielungen bleiben natürlich weg. überlebt
worden. Zu Weihnachten kommt das
seltsame Geschöpf in Tübingen an. Vielleicht kann es dann noch
ins erste Blatt hinein.
Wie können Sie, lieber Cotta, mein Schweigen zu einem
Zürnen
machen? Worüber könnt’ ich mit einem so
uneigennützigen Unter
stützer unserer
Literatur denn zürnen? — Den Aufsatz für Wilmanns
Taschenbuch gab ich vor 1½ Jahren meiner armen Schwägerin
(dessen Redaktörin <Redactrice>), der Witwe Spaziers; und während
meiner
Erziehungslehre hatt’ ich durchaus keine Minute für kleine
Arbeiten (mir aber die größten und schwersten) übrig. Jetzt
hin
gegen hab’ ich — ob ich
gleich an 2 Werken auf einmal arbeite —
doch freiere Musse, da ich mir keine bestimmte Zeit der
Herausgabe
noch vorgeschrieben habe. — Leben Sie wol und
glauben Sie immer
an meine unveränderte Liebe gegen Sie.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_275.html)