Von Jean Paul an Adolph Wagner. Bayreuth, 30. Dezember 1806.
Brieftext
Citissime
Über die Hauptsache wird Ihnen Ihr Freund als kon- ja unisone
Saite alles sagen; Sie verdienen (Briefen und Büchern nach)
fast
mehr als Sie verloren zu haben glauben. Kanne — ein noch nie
gewesener Bund von Witzfülle und Wissens Überfülle — kann
Sie
weniger empfehlen (so viel ich auch für ihn als für den
Genius gethan,
nicht aber als für den Menschen) als Sie ihn von
der Menschen
Seite. Wer seine Kräfte so
hoch stellt wie ich, möchte gern ihm eine
Frau geben,
die statt seiner das hätte, was sonst die Weiber so leicht
durch Männer verlieren, Lebensverstand; den Armen werden seine
Sonnenflecken tödten und verkohlen. — Ihr Werk ist eine schöne
Façade (Antlitzseite) Ihres Geistes;
und mich hat Ihr Gemüth
und Ihre Ansicht des Lebens und
Dichtens erfreuet, trotz aller
meiner Uneinigkeit mit
dem Titelblatt. Denn solche Epochen (Göthe
ausgenommen, den aber wieder Shakespeare, Herder,
Winkelmann,
Homer und Italien gebildet) und so scharf abgeschnitten
(vollends
mit den As- und Re-Sonanzen der Zeit, Schillers von
Eng-,
Wielands von Franzland) nämlich so scharf als ein
Archimed.
Stab im Meere, nicht im Sande Umrisse zieht, sind
mir
un[deutlich?]
ja fast unleidlich. Aber Ihre schöne Kraft bleibt die
selbe etc. Hätte ich Zeit zu parallelen Epochen, ich wolte
deren
3, 4, 5 [?]
.. herausbringen und bliebe doch recht [?].
Ich kann Ihnen
meine Achtung für Ihr Werk nicht anders
ausdrücken als durch
mein Citissime; an Andere schreibt man kurz und kalt und spät
[?]
und gut.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_294.html)