Von Jean Paul an Johann Friedrich Freiherr Cotta von Cottendorf. Bayreuth, 15. April 1808.

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Brieftext

Bayreuth d. 15. Apr. 1808 .

Hier, lieber Cotta, send’ ich Ihnen etwas für das Morgenblatt.Die Zensur darf mir wol einen ganzen Einfall wegstreichen, aber keinen verändern und verstümmeln.
Zerstreuende Arbeiten haben mich bisher von diesem mir und den
Deutschen so werthen Blatte abgezogen. Für das Taschenbuch ist
„der Traum einer Wahnsinnigen“ schon entworfen.

Von beiliegenden versifizierten Epigrammen des Ludwig v. Oertel
— eines Bruders vom bekannten Schriftsteller v. Oertel — kann die
Redakzion nach Gefallen Gebrauch für das M[orgen]blatt machen.
Das mit Bleistift eingeschloßne hielt ich des Drucks weniger würdig.

Der Kammerpräsident v. Wangenheim und dessen Freunde (in
Stuttgardt) haben meinen Schmelzle und die Teufelsbeichte ge
lesen. Wäre das Werkchen denn schon gedruckt? — Wenigstens
wünscht’ ichs gegen Johannis hin; um so mehr da ich ohnehin zur
M[ichaelis] M[esse] mit zwei neuen Werken erscheine.

Ihr Karten-Almanach — den ich leider nur noch aus gedruckten
Lobreden kenne im leeren illiterarischen Bayreuth — gab mir die Idee
und Frage ein: ob ich mich nicht mit dem trefflichen Zeichner zu
Einem Werke verstehen könnte, so daß ich den gedruckten Scherz zu
seinem gezeichneten lieferte. Er sollte dabei so viele Freiheit haben
als ein Zeichner bedarf. Wär’ er der ¾ Hogarth und ich der ¼ Lichten
berg: Himmel, welche Sachen könnten wir blos durch gegenseitige
Wechselwirkung der Abrede erschaffen! —


Nach unserer Übereinstimmung hab’ ich heute dem Kaufmann
Enzel und Ordre eine Anweisung auf hundert Thaler courant
Wechselzahlung dato 14 Tage an Sie gegeben; und ich bitte Sie,
solche zu honorieren.


Leben Sie wol, besonders in der Messe!


Jean Paul Fr. Richter

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 5. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1961.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Cotta-Archiv. 4 S. 8°. Präsentat: 19 April 1808 [b.] 28 — K: Cotta 15. Apr. J: Cotta 1,385×. B: IV. Abt., V, Nr. 161. A: IV. Abt., V, Nr. 174. 209,7 Ludwig] aus Ludwigs H 8 eines] aus des H 10 Das .. eingeschloßne] aus Die .. eingeschloßnen H 17 gab] davor gestr. machte mich begierig auf H 28 in] aus auf H

Mit Übersendung der „Prosaischen Sinngedichte“, die im Morgenblatt v. 28. April 1808, Nr. 102, abgedruckt wurden. Cotta hatte in B dringend um Beiträge zum Morgenblatt gebeten, „in das ja auch Bruchstücke der Bruchstücke taugen. — Auch habe ich Ihnen anfangs voriges Jahrs ein halb Dutzend Vorschläge gemacht, die, von Ihnen ausgeführt, vortreflich seyn müßten.“ 209, 7–10 Oertel: vgl. zu Nr. 431 u. 516. 11–13 Wangenheim hatte wohl an Emanuel über Schmelzle geschrieben, s. zu Nr. 515; Cotta antwortete, er habe das Manuskript, das gleich nach Ostern gedruckt werden solle, Wangenheim zu lesen gegeben; Probestücke daraus waren schon im Februar und März im Morgenblatt erschienen. 15 zwei neue Werke: Katzenberger und Fibel. 16–23 Sogenannte Karten-Almanache (für Kartenspieler) mit wechselnden Illustrationen von verschiedenen Künstlern (nicht von Ramberg, wie Jean Paul irrigerweise angenommen zu haben scheint, s. Bd. VI, Nr. 703, 302,33) und erklärenden Texten erschienen im Cottaschen Verlag 1804—14 in unregelmäßiger Folge; vgl. 230, 1–4. (Die Anmerkung Bd. VI, 460, zu Nr. 221, ist danach zu berichtigen.)

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/V_511.html)