Nr. 39 Ministerrat (19. Februar 1867–15. Dezember 1867)

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Nr. 39 Ministerrat, Wien, 27. Juli 1867

RS. Reinschrift fehlt; Abschrift,

Ministerratsprotokolle, Karton 33 (Abschriften Prof. Redlich); Wortlaut und Datum der Ah. Entschließung: Kabinettskanzlei, Protokoll 1867.

P. Protokoll Meyer; VS. Vorsitz Kaiser; anw. anwesend Beust, Taaffe, John, Becke, Hye.

  • I. Erklärung Sr. Majestät in betreff der Sanktion des Ministerverantwortlichkeitsgesetzes.
  • II. Nichtkontrasignatur der Ah. Ernennungen zu geistlichen Pfründen.
  • 2419 166 Ministerratsprotokoll vom 27. Juli 1867 unter dem Ah. Vorsitze Sr. Majestät des Kaisers.
    I. Erklärung Sr. Majestät in betreff der Sanktion des Ministerverantwortlichkeitsgesetzes

    I. Se. Majestät geruhten zu eröffnen: Bereits am 25. d. M. habe Er den Reichskanzler ermächtigt, in der an diesem Tage stattfindenden Sitzung des Abgeordnetenhauses die Erklärung abzugeben, dass das Gesetz über Ministerverantwortlichkeit die Ah. Sanktion erhalten habe2.

    Mit Rücksicht jedoch auf die zu allgemein gehaltene Textierung des § 1 des Gesetzes und die von ihm bereits in der Ministerratssitzung vom 15. Juli3 diesfalls kundgegebenen Bedenken finde Er Sich veranlasst zu erklären, dass Er dem Gesetze die Sanktion nur unter Annahme erteilt habe, dass sich diese Verantwortlichkeit der Minister nur auf solche Angelegenheiten beziehen könne, welche in der Kompetenz des Reichsrates liegen und die in demselben vertretenen Länder betreffen, dass sie sich somit durchaus nicht auf solche Angelegenheiten erstrecke, welche als gemeinsame Reichsangelegenheiten außer der Kompetenz des diesseitigen Reichsrates stehen4.

    Der Kriegsminister Freiherr v. John machte bei diesem Anlasse auf die eigentümliche Stellung des Kriegsministers aufmerksam. Die Armee sei eine Reichsangelegenheit und der Kriegsminister trage den Charakter eines Reichsministers; allein viele militärische Angelegenheiten fallen in die Kompetenz der Vertretungen der beiden Reichshälften, er weise nur hin auf die Art und Weise der Heeresergänzung, die jetzt schon eine verschiedene sei, auf die Bequartierung und Verpflegung der Armee, auf die Vorspannleistung. Da der Reichsminister nicht zugleich die Stellung eines Landesministers bekleiden könne, so müsse jemand anderer bei den beiderseitigen Reichsversammlungen solche militärische Angelegenheiten vertreten. In Ungarn habe diese Vertretung der Landesverteidigungsminister zu übernehmen, bei der diesseitigen Reichshälfte dürfte dieselbe dem Minister des Innern zufallen.

    Se. Majestät bemerkten hierauf, die große Mehrzahl militärischer Angelegenheiten beruhen immer auf dem Ressort eines anderen Ministeriums; dieses gelte ausnahmslos von allen, deren Regelung in die Kompetenz der beiden Reichsversammlungen falle und deren Vertretung vor diesen dadurch von selbst gegeben sei5.

    II. Nichtkontrasignatur der Ah. Ernennungen zu geistlichen Pfründen

    [II. fehlt]

    Ah. E. Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Bruck an der Leitha, 27. August 1867.

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    2 Ah. E. v. 25. 7. 1867 auf den Vortrag Beusts vom selben Tag, Präs. 181, Hhsta., Kab. Kanzlei, KZ. 2912/1867. Die Erklärung Beusts Prot. Reichrat AH. 25. 7. 1867 (26. Sitzung) 611.
    3 Im MR. v. / stand das Gesetz nicht auf der Tagesordnung; vielleicht äußerte der Kaiser die Bedenken im Verlauf des Tagesordnungspunktes I, oder es handelt sich um eine Verschreibung statt 8. Juli; im MR. v. / stand das Gesetz unter Punkt VI auf der Tagesordnung (beide Protokolle nicht erhalten).
    4 Im Regierungsentwurf hatte § 1 gelautet: Die Minister für die im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder sind dem Kaiser und dem Reichsrate verantwortlich, Wiener Zeitung v. 18. 6. 1867. In der vom Kaiser sanktionierten Fassung des Reichrates lautete § 1: Jeder Regierungsakt des Kaisers bedarf zu seiner Gültigkeit der Gegenzeichnung eines verantwortlichen Ministers, Rgbl. Nr. 101/1867. Die Verantwortlichkeit der gemeinsamen Minister war in den Ausgleichsgesetzen geregelt, vgl. die Debatte über die Paragraphen 11−13 des Delegationsgesetzes in MR. v. 15. und 16. 6. 1867/VII und MR. v. 16. 6. 1867/II.
    5 Siehe dazu die Präzisierungen in § 1 b, § 2.5 und § 5, Absatz 2 des österreichischen Ausgleichsgesetzes, Rgbl. Nr. 146/1867; Bernatzik, Verfassungsgesetze Nr. 138 mit Verweisen auf den ungarischen Ausgleichsgesetzartikel XII/1867.

    How to cite

    Die Ministerratsprotokolle 1848–1918 (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/mrp-static/MRP-3-0-01-0-18670727-P-0039.html)