Nr. 233Ministerrat (1. Jänner 1868–21. November 1871)
RS.Reinschrift und bA.; P. Artus; VS.Vorsitz Taaffe; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Taaffe 9. 6.), Hasner 14. 6., Giskra 15. 6., Herbst 17. 6., Brestel 16. 6; abw.abwesend Plener, Potocki, Berger
I. Auszeichnungen Der Minister für Kultus und Unterricht erbittet sich und erhält die Zustimmung des Ministerrates, für den [] Jahre in der Seelsorge in []ller Weise tätig gewesenen []dechant und Konsistorialrat Franz Nitsch zu Haidl in Böhmen [] Erwirkung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens Allerhöchstenortes []2.
II. Auszeichnungen Der Minister für Kultus und Unterricht gedenkt ferner, aus Anlass der internationalen Kunstausstellung in Wien als Anerkennung hervorragender künstlerischer Leistungen für den Professor der kgl. Bayerischen Akademie der Künste in München Karl Piloty das Komturkreuz des Franz-Joseph-Ordens und für den derzeitigen Vorstand der Wiener Künstlergenossenschaft Friedrich Friedländer das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens, dann als Anerkennung des ausgezeichneten künstlerischen Wirkens zunächst auch bei der Ausschmückung des neuen Opernhauses, dann namentlich als Lehrer sehr verdienstvollen Landschaftsmaler Albert Zimmermann und dem Bildhauer Joseph Gasser das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens zu erwirken.
Die Konferenz erklärte sich hiemit einstimmig einverstanden3.
III. Auszeichnungen Ebenso findet der Ministerrat gegen den Antrag des Justizministers nichts zu erinnern, wornach aus Anlass der Pensionierung des Kreisgerichtspräses Baron Codelli in Görz mit Rücksicht auf seine vierzigjährige pflichteifrige und ersprießliche Dienstleistung für denselben bei Sr. k. u. k. apost. Majestät auf die Verleihung des Ordens der Eisernen Krone III. Klasse anzutragen wäre4.
IV. UnterrichtswesenSprachenfrage Der Minister des Innern beantragt, dass der vom krainerischen Landtage votierte Gesetzentwurf zur Durchführung der Gleichberechtigung der slowenischen Sprache in den öffentlichen Schulen und Ämtern zur Ah. Sanktion nicht empfohlen werde5.
Der fragliche Gesetzentwurf übergreife, was die Bestimmungen hinsichtlich der Unterrichtssprache in den Volksschulen, in den Lehrerbildungsanstalten, in den Gymnasien und Realschulen, dann in den Gewerbeschulen angehe, entschieden in die Kompetenz des Reichsrates, dessen Sache es sei, die Grundsätze des Unterrichtswesens bezüglich der Volksschulen und der Gymnasien festzusetzen6. Faktisch seien auch die einschlägigen Bestimmungen über die Unterrichtssprache in den Volksschulen durch das Volksschulgesetz für alle im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder bereits getroffen7. Der Unterrichtsminister habe sich mit aller Bestimmtheit gegen die betreffenden Bestimmungen des Gesetzentwurfes ausgesprochen. Und was den Gebrauch der slowenischen Sprache seitens der lf. Behörden angehe, so gehören die betreffenden Bestimmungen nicht in den Bereich der Legislative, sondern in jenen der Vollzugsgewalt, die faktisch bereits im Verordnungswege das verfügt habe, was der Landtag im Wege der Gesetzgebung beabsichtige.
Die Konferenz erklärt sich mit der Ablehnung dieses Gesetzentwurfes einstimmig einverstanden8.
V. SicherheitswesenPolizeistrafgesetz Der Minister des Innern beabsichtigt, bezüglich des vom Landtage in Krain votierten Gesetzentwurfes betreffend die Anhaltung gemeinschädlicher Personen im Zwangsarbeitshause9 im Einverständnisse mit dem Ministerium für Landesverteidigung und öffentliche Sicherheit und mit dem Justizminister auf die Verweigerung der Ah. Sanktion anzutragen, weil derselbe den zur Kompetenz des Reichsrates gehörigen Bestimmungen des künftigen Polizeistrafgesetzes vorgreife10.
Der Ministerrat ist hiemit einhellig einverstanden11.
VI. LandtageWahlordnung Der Minister des Innern bringt drei vom Landtage in Krain votierte Gesetzentwürfe wegen Abänderung der Landtagswahlordnung zur Sprache. Dieselben bezielen im wesentlichen:
a) dass die Gemeinden, insofern sie landtäfliche Güter besitzen, aus der Wählerklasse der Städte und Landsgemeinden in jene der Großgrundbesitzer versetzt werden;
b) dass in den mit der bestehenden Wahlordnung festgesetzten Gruppen eine vollständige Änderung Platz greife und
c) dass jeder Grundbesitz mit einer Jahressteuer von 100 fr. das Wahlrecht in der Wählerklasse des Großgrundbesitzes begründe12.
Ad a) bemerkt der Minister des Innern, dass der Genehmigung dieser Bestimmung zunächst die Rücksicht auf andere Länder im Wege stehe, in welchen die gegebenenfalls dann nicht abzulehnende Verstärkung der Wählerklasse des Großgrundbesitzes durch Gemeinden mit landtäflichem Grundbesitz die bestehenden Parteiverhältnisse zum großen Vorteile der staatsrechtlichen Opposition alterieren würde. Dies wäre namentlich in Böhmen der Fall wo durch eine solche Bestimmung die dermaligen Majorität des verfassungstreuen Großgrundbesitzes geradezu vernichtet würde. Aus diesem Opportunitätsgrunde sei auch schon im Jahre 1867 die Ablehnung eines früheren ähnlichen Beschlusses des Krainer Landtages erfolgt13.
Er sei daher ebenfalls für die Ablehnung des vorliegenden Gesetzentwurfes, womit der Ministerrat sich einstimmig einverstanden erklärt, und zwar hätte die Ablehnung über die Motion des Finanzministers einfach unter Hinweisung auf die vorangegangene ablehnende Ah. Entschließung zu geschehen.
Ad b) bemerkt der Minister des Innern, dass die beschlossenen Bestimmungen, welche eine vollständige Änderung des bestehenden Landtags, in weiterer Folge somit auch der Wahlgruppen für den Reichsrat involvieren würden, was nach § 7 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung vom 21. Dezember 1867 dem Reichsrate vorbehalten ist14.
Die Konferenz beschließt einhellig nach dem Antrage des Ministers des Innern, dass dieser Gesetzentwurf aus dem Grunde der nach § 7 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung mangelnden Kompetenz des Landtages abzulehnen wäre.
Ad c) beantragt der Minister des Innern gleichfalls die Verweigerung der Ah. Sanktion mit einfacher Hinweisung auf eine über eine analoge Vorlage im Jahre 1867 erfolgte Ah. Ablehnung, zumal durch die Aufnahme nicht landtäflicher Grundbesitzer mit der verhältnismäßig sehr geringen Jahressteuer von 100 fr. die Wählerklasse der Großgrundbesitzer (jetzt 126) um 86 zumeist bäuerliche Grundbesitzer, also um mehr als zwei Dritteile vermehrt, die Interessen des eigentlichen Großgrundbesitzes, somit der entschiedensten Gefährdung preisgegeben würden.
Sämtliche Votanten stimmen den Anträgen des referierenden Ministers bei15.
VII. LandtageGeschäftsordnung Der Minister des Innern bespricht den Beschluss des Istrianer Landtages wegen Abänderungen seiner Geschäftsordnung dahingehend, dass im Landtage über einen Antrag, ob eine auf eine Interpellation erteilte Antwort oder die Verweigerung derselben sofort zum Gegenstande der Diskussion zu machen sei, unmittelbar und ohne Beratung ein Beschluss gefasst werden könne16.
Der Statthaltereileiter in Triest hatte ursprünglich beantragt, dass gegen diesen Beschluss Einsprache erhoben werden sollte, weil er unzweckmäßig sei und weil er sich als eine Änderung des § 35 der Landesordnung darstelle, somit die nicht konstatierte Majorität nach § 28 der Landesordnung voraussetze. FML. Möring habe jedoch infolge einer mündlichen Rücksprache mit dem Minister des Innern dieses Bedenken mit Rücksicht auf die gleichen Bestimmungen der reichsrätlichen Geschäftsordnung nachträglich fallengelassen. Der Minister des Innern hält den betreffenden Beschluss für ganz unbedenklich und gedenke, dagegen keine weitere Einsprache zu erheben, wornach die Erstattung eines au. Vortrages hierüber entfalle.
Der Ministerrat stimmt dem Antrage des Ministers des Innern einstimmig bei.
VIII. Verwaltung, politischeTerritorialfragen Der Minister des Innern beabsichtigt, den Beschluss des Stadtrates von Triest als Landesvertretung, wornach das Weichbild von Triest durch Einbeziehung von Teilen einiger zum Territorium gehörigen Katastralgemeinden zu erweitern wäre, aus formellen und meritorischen Gründen zur Ah. Sanktion nicht zu empfehlen17.
Meritorisch spreche gegen den Beschluss, dass das Territorium infolgedessen zu sehr zusammenschrumpfen und die slawische Minorität vollständig annihiliert würde. Die Ah. Ablehnung eines früheren gleichen Beschlusses sei vorangegangen, und würde in der abermaligen Nichtsanktionierung des vorliegenden Beschlusses das einzige Mittel gelegen sein, den Stadtrat zu der bisher abgelehnten Revision des Statutes zu vermögen18.
Der Finanzminister meint, dass der Beschluss mit Rücksicht auf die fortschreitende Ausdehnung der Stadt auf Territorialgemeindeterrain sachlich zweckmäßig erscheine. Allerdings hänge derselbe mit der Revision des Statutes für Triest zusammen, worüber aber dem gegenwärtigen, neu gewählten Stadtrate eine Vorlage nicht gemacht worden sei. Er würde daher meinen, dass der fragliche Beschluss jetzt nur wegen des Zusammenhanges mit der Revision des Statutes abzulehnen und zu sagen wäre, dass bezüglich dieser eine Regierungsvorlage in der nächsten Session des Stadtrates als Landesvertretung werde eingebracht werden.
Der Minister des Innern konformiert sich diesem Antrage, welchem auch alle anderen Stimmführer beitreten19.
IX. LandtageWirkungskreis Der Minister des Innern referiert über den von dem Bukowinaer Landtage votierten Gesetzentwurf betreffend Änderungen des § 18 der Landesordnung20.
Ein wesentliches Bedenken gegen die Ah. Sanktionierung dieses Gesetzentwurfes bilde die Formulierung des Einganges des Art. I. Derselbe laute: „Alle Angelegenheiten, welche sich auf Rechte, Pflichten und Interessen des Landes beziehen und im § 11 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung vom 21. Dezember 1867 (RGBl. Nr. 141) dem Reichsrate nicht ausdrücklich vorbehalten wird, werden als Landesangelegenheiten erklärt und gehören als solche in den Wirkungskreis des Landtages.“ Diese Formulierung, mit welcher nur eine Umschreibung der §§ [Walter:11 und 12] des Grundgesetzes über die Reichsvertretung beabsichtigt werde, gehe in ihrem letzten Satze über dieses Ziel entschieden hinaus, indem nicht alle Landesangelegenheiten als solche, sondern nur insoweit sie ein Gegenstand der Gesetzgebung sind, zum Wirkungskreise der Landtage gehören, was im § 12 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung klar präzisiert sei. Die Formulierung des Bukowinaer Gesetzentwurfes sei daher mit den Bestimmungen des Grundgesetzes über die Reichsvertretung in dieser Beziehung nicht im Einklange, indem hiemit eine Reihe von der Exekutive vorbehaltenen Landesangelegenheiten in den Bereich der Landesgesetzgebung gezogen würde. Der Gesetzentwurf eigne sich sonach nicht, zur Ah. Sanktion empfohlen zu werden.
Der Finanzminister erklärt sich entschieden gegen die Erwirkung der Ah. Sanktion. Allerdings habe der Reichsrat bei der Revision der Februarverfassung Zugeständnisse an die Autonomie der Länder gemacht. Diese erweiterte Kompetenz der Landtage beruhe aber auf der Reichsverfassung. Das festzuhalten, sei sehr wichtig. Denn wenn der Text der Reichsverfassung in die Landesordnungen aufgenommen würde, könnte eine eventuelle Änderung der einschlägigen Bestimmungen der Reichsverfassung nur mit gleichzeitiger Änderung der Landesordnungen erfolgen, wogegen schon wegen der Schwierigkeiten der Durchführung große Bedenken obwalten.
Der Justizminister schließt sich dem mit dem Beifügen an, dass es durch einen solchen Vorgang den Anschein gewinnen könnte, als seien die betreffenden Bestimmungen der Reichsverfassung erst durch die Aufnahme derselben in die Landesordnungen perfekt geworden, was mit der Sach- und Rechtslage im offenbaren Widerspruche stehen würde.
Sonach entscheiden sich sämtliche Stimmführer für den au. Antrag auf Ablehnung des Gesetzentwurfes. Dieselbe hätte ohne Angabe der Motive zu geschehen, wofür die Notwendigkeit nicht vorliege; allenfalls könnten die Ablehnungsgründe dem Landespräsidenten zu seiner Richtschnur bei eventuellen Rekriminationen mitgeteilt werden21.
X. BautenBauordnung Über den Antrag des Ministers des Innern beschließt die Konferenz mit drei gegen zwei Stimmen, dass die Ablehnung der Ah. Sanktion der vom Bukowinaer Landtage votierten Bauordnung für Czernowitz aus dem Grunde beantragt werde, weil der Landtag die Straßenbreite für Nebengassen und die Vorstädte überhaupt auf nur vier Klafter festgesetzt habe, was nach der übereinstimmenden Äußerung der technischen Departements der Czernowitzer Landesregierung und des Ministeriums des Innern aus Rücksichten des Verkehres, der künftigen Entwicklung der Stadt, vorzugsweise aber aus sanitären Rücksichten als nicht zulässig bezeichnet wurde22.
Der Finanzminister stimmte für die Vorlage zur Ah. Sanktion, weil ihm gegen die Straßenbreite von vier Klaftern mit Rücksicht auf die vom Hauptverkehr entlegeneren Stadtteile, für welche sie gelten soll, zumal im Hinblick auf die geringere Höhe der Häuser nach keiner Seite hin solche Bedenken vorzuliegen scheinen, welche das Eingreifen der Zentralregierung in diese wesentlich lokale Verhältnisse berührende Angelegenheit genügend motivieren würden.
Der Ministerpräsident spricht sich gleichfalls für die Erwirkung der Ah. Sanktion aus, weil es sich auch ihm zu empfehlen scheine, derartigen Beschlüssen der Landesvertretungen ohne zwingende Notwendigkeit, welche er in dem vorliegenden Falle nicht erblicken könne, entgegen zu treten, um sich nicht dem mehr oder minder gegründeten Vorwurfe der Vorliebe für eine Bevormundung der Landtage auszusetzen23.
XI. LandtageWahlordnung Der Minister des Innern gedenkt den vom mährischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurf wegen Änderung der Landtagswahlordnung Sr. k. u. k. apost. Majestät mit dem Antrage auf Ablehnung der Ah. Sanktion zu unterbreiten, weil durch die zu § 3 beschlossenen Änderungen der Wahlbezirke auch Änderungen in der Feststellung der Gruppen für die Reichsratswahlen eintreten, worüber vom Landtage nur die Erlassung eines Reichsgesetzes beantragt werden könnte24. Einen weiteren Grund der Ablehnung bilde die beschlossene Einbeziehung der im Besitze von land- oder lehentäflichen Gütern befindlichen Gemeinden in die Wählerklasse des Großgrundbesitzes.
Die Konferenz stimmte dem Antrage des Ministers des Innern einhellig bei25.
XII. EisenbahnwesenBesitzänderung Der Minister des Innern bringt zur Sprache, dass der Handelsminister unter Darlegung der hiefür namentlich im Interesse der Förderung der Eisenbahnbauten sprechenden Gründe die Abkürzung der für Rekurse gegen Expropriationserkenntnisse bestehenden sechzigtägigen Rekursfrist angeregt habe.
Die Zweckmäßigkeit der Bestimmung kürzerer Fristen zur Einbringung von Rekursen gegen Entscheidungen der politischen Behörden im Allgemeinen und speziell im Expropriationsverfahren sei nach vielseitigen geschäftlichen Erfahrungen außer jeden Zweifel gestellt. Die Bestimmung der sechzigtägigen Rekursfrist (soweit nicht durch besondere Gesetze kürzere Fristen angeordnet sind) beruhe auf der auf Grund einer Ah. Genehmigung Sr. k. u. k. apost. Majestät erlassenen Verordnung des Ministeriums des Innern vom 27. Oktober 185926. Es frage sich nun, ob diese Ministerialverordnung einfach im Verordnungswege aufgehoben beziehungsweise abgeändert werden könne, oder ob dieselbe als Gesetz anzusehen und somit im Gesetzgebungswege abzuändern sei. Der letztere Weg habe namentlich die Schwierigkeit, dass kein Anhaltspunkt für die diesfällige Kompetenz des Reichsrates vorliege, nachdem die Bestimmung der Rekursfristen zu den nach § 11 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung dem Reichsrate vorbehaltenen Feststellung der Grundsätze der politischen Verwaltung27 offenbar nicht gehöre und nachdem über die Feststellung dieser Grundsätze dem Reichsrate in Bezug auf die politische Verwaltung eine weitere legislative Kompetenz nicht zukomme. Es müssten daher alle Landtage darüber beschließen, was in letzter Auflösung der Unmöglichkeit der Änderung jedweder derartiger politisch-administrativen Verordnung gleichkommen würde. Der Minister des Innern würde meinen, dass die betreffende Verordnung den internen Geschäftsgang bei den politischen Behörden betreffe und daher mit Ah. Genehmigung Sr. k. u. k. apost. Majestät im Verordnungswege unbedenklich abgeändert werden könnte.
Der Minister für Kultus und Unterricht teilt diese Ansicht, insoferne die fragliche normative Verfügung nicht als Gesetz, sondern als auf einer Ah. Genehmigung Sr. k. u. k. apost. Majestät beruhende Verfügung publiziert worden sei. Es empfehle sich, in dieser Richtung etwas freiere Hand zu []en, weil sonst die Administration über die Maßen erschwert werden würde. Der Finanzminister hätte ebenfalls kein Bedenken gegen das Vorgehen im Verordnungswege.
Der Justizminister findet, dass diese Frage eine reifliche Erwägung zu erheischen scheine. Die Festsetzung der Rekursfristen hänge jedenfalls mit den Rechten der Parteien zusammen, welche, insoweit etwa in speziellen Verordnungen bestimmte Rekursfristen festgesetzt wären, durch eine eventuelle Abkürzung dieser letzteren beeinträchtigt würden.
Der Finanzminister meint, dass man sich die Sache nicht erschweren sollte, wo es sich nur um die Form handle. Die Verletzung der Rechte eines Dritten trete nicht ein, soferne es nur jedem möglich gemacht sei, den Rekurs einzubringen. Insoferne bestimmte Gesetze bestimmte Rekursfristen feststellen würden, wären diese aufrecht zu erhalten.
Nach einer längeren Diskussion entschied sich die Konferenz schließlich einstimmig dafür, dass auf Grund der einzuholenden Ah. Genehmigung eine Verordnung erlassen werde des Inhaltes, dass in allen Fällen, wo nicht durch ein Gesetz eine andere oder durch eine Verordnung bereits eine kürzere Frist angeordnet ist, die in der Ministerialverordnung vom 27. Oktober 1859 normierte Frist zur Einbringung von Rekursen gegen Entscheidungen der politischen Behörden auf vier Wochen herabgesetzt wird. Diese Berufungsfrist wurde als im Allgemeinen genügend befunden und der in neuerer Zeit von Reichsrate für Rekurse in Grundsteuerverhandlungen festgesetzten vierwochentlichen Frist entsprechend erkannt28.
XIII. Unruhe, StreikKundgebungen Der Minister des Innern bringt zur Kenntnis der Konferenz, dass ihm von Seite des Landesausschusses in Krain eine Darstellung der letzten Ereignisse in Josefsthal zugekommen sei im [Namen] der aus Dr. Bleiweis, Toman und Costa bestehenden slowenischen Majorität dieser Körperschaft, welche der Landeshauptmann Dr. v. Wurzbach unter ausdrücklicher Wahrung der gegenteiligen Anschauungen der Minorität an ihn geleitet habe29.
Er gedenke dieses Schriftstück ebenso unbeantwortet zu lassen, wie die Eingabe entgegengesetzter Tendenz des Laibacher Gemeinderates, nachdem beide mehr theoretische Ausführungen der gegenseitigen Parteistandpunkte enthalten30. Er habe aber mit dem anwesenden Abgeordneten des Gemeinderates eingehende Rücksprache gepflogen31, infolge deren er
1. die Bitte des Landespräsidenten und des Bürgermeisters lebhaft unterstützen müsse, dass ein Infanterieregiment nach Krain disloziert werde, und zwar wäre es wünschenswert, dass hiezu ein nicht krainerisches Regiment bestimmt werde.
2. befürworte er, dass bei Besetzung von Pfarrpfründen möglichst darauf gesehen werde, dass dieselben nicht Geistlichen zuteil werde, welche in die nationalen Agitationen verwickelt seien, worauf von Seite des Landespräsidenten und der Entsendeten des Gemeinderates besonderer Wert gelegt wird.
3. werde er die Bezirkshauptmänner anweisen, bei den Amtstagen die Bevölkerung über die Richtung der Regierung und der konstitutionellen Gesetzgebung und über die Stellung der Nationalitäten untereinander aufzuklären.
Auch werde er denselben zur Pflicht machen, in Fällen, wo die Kanzel in agitatorischer Richtung missbraucht werde, die Anzeige davon dem Landeschef sofort zu erstatten. Dem Landeschef habe er übrigens bedeutet, vorerst die Abhaltung von Tabors unter Hinweisung auf den § 6 des Gesetzes über das Versammlungsrecht nicht zu gestatten und die slowenischen aber auch die deutschen Vereine strenge zu überwachen.
Der Minister für Kultus und Unterricht wird die Schulaufsichtsorgane wegen strenger Hintanhaltung nationalen Parteitreibens in den Schulen nachdrücklichst anweisen und möglichst darauf Rücksicht nehmen, dass bei der Bestellung von Pfarrern mit großer Vorsicht vorgegangen werde.
Die Konferenz nimmt hievon Kenntnis32.
How to cite
Die Ministerratsprotokolle 1848–1918 (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/mrp-static/MRP-3-0-02-0-18690609-P-0233.html)