Nr. 253Ministerrat (1. Jänner 1868–21. November 1871)

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Nr. 253Ministerrat, Wien, 3. September 1869

RS.Reinschrift und bA.; P. Weber; VS.Vorsitz Taaffe; BdE.Bestätigung der Einsicht und anw.anwesend (Taaffe 3. 9.), Hasner, Potocki 10. 9., Giskra 10. 9., Herbst 12. 9., Brestel; abw.abwesend Plener, Berger.

  • I. Einflussnahme auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Böhmen.
  • II. Petition des Wiener Gemeinderates aus Anlass des Vorfalls im Kloster der Karmeliterinnen zu Krakau.
  • III. Neu redigierter Entwurf eines Straßengesetzes für Tirol.
  • IV. Gesetzentwurf, beschlossen vom Krainer Landtage betreffend die Verteilung der Gemeindehutweiden und der Wechselgründe.
  • V. Frage wegen Abänderung der §§ 18 und 31 der böhmischen und des § 32 der Bukowinaer Gemeindewahlordnung.
  • VI. Rekurs des Johann und der Emilie Řehak gegen die von der böhmischen Statthalterei ausgesprochene Zurücknahme der bereits erteilten Dispens vom Ehehindernisse der Schwägerschaft ersten Grades.
  • VII. Eingabe des Wiener Bürgermeisters wegen Einleitung einer Enquete aus Anlass der ungewöhnlichen Teuerung.
  • VIII. Regierungsvorlagen für den Triester Landtag zur Durchführung des neuen Volksschulgesetzes.
  • IX. Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens an den Professor Wenzel Kozelka in Wien.
  • X. Verleihung derselben Auszeichnung an den Finanzrat David.
  • XI. Termin zur Einberufung der Zehnkreuzermünzscheine und der Sechskreuzerstücke.
  • XII. Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Josephs-Ordens an den Titularoberlandesgerichtsrat Wolf in Troppau.
  • XIII. Rückberufung der ostasiatischen Expedition wegen voraussichtlicher Nichtbewilligung eines Nachtragskredites.
  • XIV. Entscheidung über die Varianten der Franz-Joseph-Bahntrasse zwischen Plan und Marienbad.
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    I. Einflussnahme auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Böhmen

    [I.] LandtageWahlen [] letzte []cher auch die Regierungspartei ihre Anstrengungen werde verdoppeln müssen [] oft erst der letzte Moment, allerdings zuweilen auch ein bloßer Zufall entscheide2.

    3) Die Situation der Regierung habe sich gebessert, nicht etwa dadurch, dass die Opposition gefügiger geworden wäre, wozu keine Aussicht vorhanden sei, aber durch die Ermüdung ihrer Anhänger, welche je länger, desto mehr sehen, dass alle Agitationen zu keinem Resultate führen. Diese Erfolge seien dem offenen und beharrlichen Auftreten der Regierung in der W[] Angelegenheit und bei der []rung des Schulaufsichts[] zu danken. Hier sei [] im Falle durch []keit und Geduld die Opposition selbst bezwungen werde und dass die Regierung, wenn der Gegenpartei jede Hoffnung auf einen auf die Negation der Verfassung begründeten Ausgleich benommen wird, infolge allmähliger Zerbröckelung der Partei durch die Ungeduld der Landbevölkerung binnen Jahresfrist sich einer weitaus besseren Situation der Opposition gegenüber befinden werde. Jeder Schritt der Anbahnung eines Ausgleiches seitens der Regierung unterstützt die Bestrebungen der Agitation und nährt die Hoffnungen der Parteien. [] hiezu Ge[]wendet und beschafft werden sollen, um auch mit dieser Waffe kämpfen zu können, die der Opposition reichlich zu Gebote steht.

    Nach einer sehr eingehenden Erörterung dieser Frage, an welcher sich alle Minister beteiligten, erkannte die Konferenz einhellig die Notwendigkeit sowohl der Eröffnung einer Tätigkeit zur Einflussnahme auf die Wahlen in Böhmen, als auch die Beschaffung von Geldmitteln hiezu an, und beschloss die Art und Weise der Geldbeschaffung in nähere Erwägung zu ziehen. Behufs Besprechung der in Böhmen einzuleitenden Schritte wurde beschlossen, den Statthaltereileiter FML Baron Koller und []berger auf []3

    [II.–VIII. fehlt]

    IX. Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens an den Professor Wenzel Kozelka in Wien

    IX. Auszeichnungen Der Unterrichtsminister beabsichtigt für den Professor an der theologischen Fakultät in Wien Wenzel Kozelka aus Anlass seines bevorstehenden fünfzigjährigen Priesterjubiläums das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens bei Sr. k. u. k. apost. Majestät zu beantragen.

    Die Konferenz stimmt bei4.

    X. Verleihung derselben Auszeichnung an den Finanzrat David

    X. Auszeichnungen Der Finanzminister beabsichtigt für den Finanzrat David aus Anlass dessen Versetzung in den Ruhestand nach vierzigjähriger Dienstleistung [das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens] []5

    XI. Termin zur Einberufung der Zehnkreuzermünzscheine und der Sechskreuzerstücke

    XI. GeldwesenMünzwesen Der Finanzminister hat die Kundmachung erlassen, dass die Zehnkreuzermünzscheine und die Sechskreuzerstücke bei den Steuerämtern nur noch bis Ende Dezember 1869, bei den Landeshauptkassen bis Ende März 1870 angenommen werden6.

    Die Konferenz nimmt dies zur Kenntnis.

    XII. Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Josephs-Ordens an den Titularoberlandesgerichtsrat Wolf in Troppau

    XII. Auszeichnungen Der Justizminister hat die Absicht, den Titularoberlandesgerichtsrat Wolf in Troppau Sr. k. u. k. apost. Majestät zur Verleihung des Ritterkreuzes des Franz-Joseph-Ordens in Antrag zu bringen.

    Die Konferenz gibt ihre Zustimmung7

    XIII. Rückberufung der ostasiatischen Expedition wegen voraussichtlicher Nichtbewilligung eines Nachtragskredites

    XIII. Expeditionen, ForschungsreisenExpedition, ostasiatische 1868–1871 [] die ungarische Regierung auf die Bewilligung unbedingt nicht eingehen werde8. Ihm scheine es das Beste zu sein, an die Expedition zu telegrafieren, dass sie so schnell wie möglich zurückkomme.

    Der Minister des Innern schlägt vor, dem Eskadrekommandanten, da weitere Summen nicht bewilliget werden, daher nicht ausgegeben werden dürfen, mitzugeben, dass er hiernach seine Rückreise einzurichten habe.

    Nachdem der Ministerpräsident bemerkt, dass []9

    XIV. Entscheidung über die Varianten der Franz-Joseph-Bahntrasse zwischen Plan und Marienbad

    XIV. EisenbahnlinienBauprojekte [] Referatsbogen [] Belassung der [] Unternehmung [] Trasse, da die Kosten der anderen Linien bereits größer sind, der Unterschied in der Distanz aber, da Plan von der Station Untergramling nur ¾ Meilen entfernt liege, nicht so groß sei, die Mehrkosten aufzuwiegen10.

    Der Minister des Innern bemerkt, er habe sich während seiner Anwesenheit in jener Gegend überzeugt, dass sich die Trasse über Michaelsberg einen öden, in einer Schlucht gelegenen, im Winter ganz unzugänglichen Ort in keiner Beziehung empfehle und nur das pekuniäre Interesse der Bauunternehmer allein zu fördern geeignet sei. Für die Verwaltung sei es von hoher Wichtigkeit, dass die Bahnen größere Städte berühren. Plan sei die wichtigste Stadt in der Gegend.

    Der Justizminister [], dass weder []oschin noch Michaelsberg irgendeine Bedeutung besitzen, dagegen Plan der bedeutendste Ort ist. Die ganze Gegend lege, wie er sich gleichfalls persönlich überzeugt habe, ein außerordentliches Gewicht auf die Wahl der Variante. Er spricht die Überzeugung aus, dass die Schwierigkeiten nicht viel größer und nur die durch die etwas größere Länge verursachten Mehrkosten für die Unternehmer, vielleicht auch das Rechthabenwollen der ursprünglichen Trassanten, die Ursache der Weigerung seien. Was die Behauptung der Unternehmung angelangt, dass sie den Bautermin [] werde einhalten können, so verdiene selbe keine Beachtung, denn die Unternehmung [] wo keine Anstände []men, noch keinen gemacht. Er stimme, wenn [] Bauunternehmer zur Führung der Bahn über Plan verpflichtet werden kann, ohne dass dem Staat eine Verpflichtung zur Mehrzahlung erwächst, gleichfalls für die Variante.

    Der Finanzminister [] es als im Interesse [] gelegen, dass [] Städte [] nicht [] dies [] Franz [] worden. Auch []ge von den []zeichneten Brücken [] wenn die Trasse [] Ausführung kommt, in Ersparung gebracht werde. Dem Staat könne eine größere Zahlung nicht erwachsen, da die Festsetzung der Trasse der Regierung vorbehalten worden ist. Der Unterrichtsminister spricht sich gleichfalls für die Variante aus.

    Der Beschluss der Konferenz geht somit dahin, die Variante über Plan zu genehmigen11.

    Wien, am 3. September. Taaffe. Ah. E.Allerhöchste Entschließung Ich habe den Inhalt dieses Protokolls zur Kenntnis genommen. Wien, 25. September 1869. Franz Joseph.

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    2Zur Einberufung des böhmischen Landtages für den 30. 9. 1869 siehe MR. v. 14. 8. 1869/II. Da die gewählten tschechischen Abgeordneten im August 1868 ihre Teilnahme am böhmischen Landtag verweigert hatten, waren sie ihrer Mandate verlustig erklärt worden; nun, vor Eröffnung der Herbstsitzung 1869, waren Ergänzungswahlen für die aberkannten Mandate notwendig geworden, siehe dazu , Die tschechische Gesellschaft 1: 343, 350.
    3Die Ergänzungswahlen im September 1869 brachten dasselbe Ergebnis wie ein Jahr zuvor und die wiedergewählten tschechischen Abgeordneten setzten ihre Politik fort, , Die tschechische Gesellschaft 1: 343, 350. Dazu und zum von der Regierungsseite ausgeübten Druck auch , Politické dějiny, 243–247. Das nachfolgende Protokoll zu diesem Gegenstand, MR. v. 6. 9. 1869/XI, ist nicht mehr vorhanden. Fortsetzung MR. II v. 11. 10. 1869/I.
    4Zu Wenzel Kozelka siehe , Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder 2: 270. Auf Vortrag Hasners v. 4. 9. 1869 erhielt Kozelka mit Ah. E.Allerhöchste Entschließung v. 8. 9. 1869 die beantragte Auszeichnung, Kab. Kanzlei, KZ. 3237/1869.
    5Auf Vortrag Brestels v. 4. 9. 1869 erhielt Eduard David mit Ah. E.Allerhöchste Entschließung v. 8. 9. 1869 das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Ordens, Kab. Kanzlei, KZ. 3228/1869.
    6Mit Gesetz v. 1. 7. 1868, Nr. 84/1868, war die Umprägung der Sechskreuzerstücke und die Einlösung der Münzscheine angeordnet worden, ohne eine Frist zu nennen. Die hier genannte Verordnung wurde als Kundmachung des Finanzministeriums v. 5. 9. 1869, Nr. 35 publiziert. Siehe dazu , Österreichische Münz- und Geldgeschichte, 543.
    7Mit Ah. E.Allerhöchste Entschließung v. 8. 9. 1869 auf Vortrag Herbsts v. 2. 9. 1869 entschied Franz Joseph im Sinne des Ministerratsbeschlusses, Kab. Kanzlei, KZ. 3234/1869.
    8Fortsetzung des MR. v. 25. 8. 1869/II.
    9Mit Schreiben (K.) v. 14. 9. 1869 unterrichtete Plener das Außenministerium, dass der cisleithanische Ministerrat beschlossen hatte, die Expedition zurückzurufen, HM., Präs. 429/1869. Die diese Materie behandelnden nachfolgenden Ministerratsprotokolle sind nicht mehr vorhanden (Nr. 369, 495, 513, 573), siehe jedoch GMR. v. 19. 10. 1869, I/1, Nr. 63, GMR. v. 31. 3. 1871/I, I/1, Nr. 41, und GMR. v. 26. 4. 1871, I/2, Nr. 44. Auf Anregung des Außenministeriums kam es am 19. 10. 1869 zu einer Beratung der beteiligten Stellen (Außenamt, die Finanzministerien und die Marine) über das weitere Vorgehen; ein Schiff wurde sofort zurückberufen, das zweite sollte seine Reise über Südamerika mit eingeschränktem Programm fortsetzen, der erforderliche Nachtragskredit sollte erst nach Rückkehr der gesamten Expedition eingereicht werden, Protokoll der Beratung HM., Präs. 696/1869. Siehe dazu auch HM., Präs. 792/1869.
    10Es handelt sich um die Planung eines Abschnitts der Strecke PilsenEger der Franz-Joseph-Bahn; zur Genehmigung dieser Strecke siehe MR. v. 15. 5. 1869/XIV. Der Verwaltungsrat der genannten Gesellschaft hatte sich im Schreiben an das Handelsministerium v. 27. 7. 1869 gegen die Führung der Trasse über Plan ausgesprochen, VA., HM., allg. 15324/1869.
    11Mit Schreiben (K.) 8. 9. 1869 informierte das Handelsministerium den Verwaltungsrat der Kaiser Franz-Joseph-Bahn vom Beschluss des Ministerrates und forderte ihn auf, sofort das Detailprojekt für diese Strecke in Vorlage zu bringen, VA., HM., allg. 15324/1869; anbei umfangreiches Material zu diesem Projekt. Zur weiteren Entwicklung siehe auch VA., HM., allg. 18748/1869 und VA., HM., allg. 21044/1869.

    How to cite

    Die Ministerratsprotokolle 1848–1918 (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/mrp-static/MRP-3-0-02-0-18690903-P-0253.html)