Nr. 57 Ministerrat (23. Juli 1914–22. November 1916)

Zum TEI/XML Dokument
Nr. 57Ministerrat, Wien, 5. Juli 1915

RS.Reinschrift fehlt; Abschrift der Tagesordnungspunkte I und II; Wortlaut und Datum der Ah. Entschließung:

Kabinettskanzlei, Protokoll 1915.

P. Ehrhart; VS.Vorsitz Stürgkh; anw.anwesend Hochenburger, Heinold, Forster, Hussarek, Trnka, Schuster, Zenker, Engel; abw.abwesend Georgi, Morawski.

  • I. Erwirkung Ah. Auszeichnungen für staatliche Funktionäre oder für Privatpersonen während der Kriegsdauer.
  • II. Gewährung von Aushilfen an Staatsangestellte zur Linderung des Notstandes anlässlich der herrschenden Lebensmittelteuerung und materielle Förderung von auf die Approvisionierung der Beamtenschaft hinzielenden Aktionen.
  • III. Erlassung einer Ministerialverordnung über die Regelung des Verkehres mit Zucker.
  • IV. Erwirkung der Ag. Ernennung des Theologieprofessors Johann Gföllner in Linz zum Bischof von Linz.
  • 4026
    I. Erwirkung Ah. Auszeichnungen für staatliche Funktionäre oder für Privatpersonen während der Kriegsdauer

    I.StaatsbediensteteAuszeichnungen Quelle: Abschrift in

    Ministerratsprotokolle, Karton 28 (Aus dem Nachlasse Alexy).

    Der Ministerpräsident teilt mit, er habe die Ah. Ermächtigung erhalten, dass, falls im Wirkungskreise der einzelnen Ressorts in Ansehung abgeschlossener besonders bedeutsamer Verwaltungsakte besondere Verdienste von staatlichen Funktionären oder Privatpersonen vorliegen, die einschlägigen au. Anträge wegen Erwirkung Ah. Auszeichnungen nicht weiter aufgeschoben zu werden brauchen3.

    Der Minister für öffentliche Arbeiten möchte in diesem Zusammenhange die Aufmerksamkeit des Ministerrates auf den Umstand lenken, dass die Erwirkung des Titels und Charakters einer höheren Rangsklasse, wenn es sich hiebei auch selbstverständlich um eine Ah. Auszeichnung handle, doch zugleich ein geradezu unerlässliches Element für jede methodische und gerechte Verwaltung der Personalagenden bilde, auf das für einen längeren Zeitraum gar nicht verzichtet werden könne. Vielfach sei es nämlich nur auf diesem Wege möglich, Schwierigkeiten, wie sie sich aus den Statusverhältnissen ergeben, die naturgemäß nicht immer der durch die Bedürfnisse des Amtes bedingten Geschäftseinteilung, der Verwendung und den Leistungen der einzelnen Funktionäre entsprechen und auch nicht in jedem Augenblicke mit diesen Gesichtspunkten in Einklang gebracht werden können, in gerechter und zweckmäßiger Weise auszugleichen und dadurch die gesunde Fortentwicklung der Personalverhältnisse sicherzustellen. Aufgrund der in seinem Ressort während der langen Kriegsdauer gewonnenen Erfahrungen, die wohl in anderen Zweigen der Verwaltung in analoger Weise zutage getreten sein dürften, müsse es der sprechende Minister als dringend notwendig bezeichnen, in den Fällen, wo die subjektiven Voraussetzungen für die Erwirkung einer Ah. Auszeichnung bei dem betreffenden Beamten vorliegen und die für die Verwaltung der Personalagenden maßgebenden Verhältnisse die Verleihung des Titels und Charakters der nächsthöheren Rangsklasse angezeigt erscheinen lassen, auch schon während der Kriegsdauer mit einschlägigen au. Anträgen vorzugehen. In einer längeren Erörterung, an welcher sich die meisten Mitglieder des Kabinetts beteiligen, findet diese Auffassung einmütige Zustimmung.

    Der Ministerrat nimmt sohin die Mitteilungen des Ministerpräsidenten zur Kenntnis und spricht sich dafür aus, im Sinne der Anregung des Ministers für öffentliche Arbeiten vorzugehen4.

    II. Gewährung von Aushilfen an Staatsangestellte zur Linderung des Notstandes anlässlich der herrschenden Lebensmittelteuerung und materielle Förderung von auf die Approvisionierung der Beamtenschaft hinzielenden Aktionen

    II. StaatsbediensteteAushilfen Quelle: Abschrift in

    Ministerratsprotokolle, Karton 28 (Aus dem Nachlasse Alexy).

    Der Ministerpräsident macht darauf aufmerksam, dass die abnormen Preisverhältnisse hinsichtlich der meisten Konsumartikel insbesondere die Fixbesoldeten in eine äußerst schwierige Lage gebracht haben5.

    So wünschenswert es auch wäre, zugunsten der Staatsangestellten mit generellen Hilfsmaßnahmen vorzugehen, so könnte dies doch schon aus finanziellen Gründen gar nicht in Erwägung gezogen werden. Immerhin wäre es vielleicht am Platze, diesem nicht zu leugnenden Notstande wenigstens dadurch Rechnung zu tragen, dass die auch sonst üblichen Aushilfen in besonders rücksichtswürdigen Einzelfällen während der Dauer der gegenwärtigen Ausnahmsverhältnisse etwas reichlicher gewährt werden. Ebenso könnten vielleicht einzelne, nach Lage der Verhältnisse besonders berücksichtigungswürdige Aktionen aus der Beamtenschaft selbst, die auf eine leichtere Approvisionierung derselben hinzielen, unter Umständen auch eine materielle Förderung finden. In beiden Richtungen wäre jedoch ein Bekanntwerden der prinzipiellen Geneigtheit der Regierung in der Öffentlichkeit zu vermeiden, um nicht auf diese Weise einschlägige Ansuchen geradezu zu provozieren.

    Der Ministerrat spricht sich für einen der Anregung des Ministerpräsidenten entsprechenden Vorgang aus6.

    III. Erlassung einer Ministerialverordnung über die Regelung des Verkehres mit Zucker

    [III. bis IV. fehlt.]

    Ah. E.Allerhöchste Entschließung Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. [Franz Joseph.] Wien, 21. September 1915.

    1This TEI document has been used to generate a printed version of this edition
    2978-3-7001-9298-5
    3Siehe Anm. 2. Zur Frage von Auszeichnungsanträgen während der Kriegszeit siehe MR. v. 19. 12. 1914/I. Die Angelegenheit der Auszeichnung von Staatsbediensteten während der Kriegszeit kam erneut zur Sprache im MR. v. 11. 11. 1915/I (liegt nicht mehr ein) und MR. v. 14. 1. 1916/III.
    4Die Minister gingen aber wie besprochen vor; so erstattete Trnka am 7. 7. 1915 seinen Vortrag zu Personalanträgen im Bereich des Ministeriums für öffentliche Arbeiten, die teilweise seit 1894 anhängig waren. Mit Ah. E.Allerhöchste Entschließung v. 14. 7. 1915 wurde der Vortrag im Sinne des Antrags resolviert, Kab. Kanzlei, KZ. 772/1915.
    5Die Teuerungsverhältnisse bei Brotgetreide wurden zuletzt besprochen im MR. v. 28. 11. 1914/II. Hier wurde versucht, den Preissteigerungen durch die Einführung von Höchstpreisen entgegenzuwirken. Diese gelang aber nicht, , Die wirtschaftliche Erschöpfung, 489–491.
    6In einer Zirkularnote v. 31. 3. 1915 hatte Engel die Gewährung einer generellen finanziellen Beihilfe an Staatsbeamte und Staatsbedienstete […] untunlich genannt, FM., Präs. 436/1915. Die anderen Akten, laut Index des Ministerratspräsidiums Zl. 2579, 2877, 5461, 5462 und 5620, alle ex 1915, sowie Zl. 560, 783 und 2458, alle ex 1916, liegen sämtlich nicht ein. Eingaben dazu reichten z. B. der Erste allgemeine Beamtenverein der Österreichisch-Ungarischen Monarchie am 11. 3. 1916 und der Verein der Staatsbeamten Österreichs am 10. 3. 1916 beim Ministerpräsidenten ein, Ministerratspräsidium, Zl. 1315 und 1325, beide ex 1916.Der Umgang mit Beförderungen extra statum und ad personam kamen zur Sprache im MR. v. 28. 8. 1915/II.

    How to cite

    Die Ministerratsprotokolle 1848–1918 (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/mrp-static/MRP-3-0-08-1-19150705-P-0057.html)