Nr. 98 Ministerrat (23. Juli 1914–22. November 1916)

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Nr. 98Ministerrat, Wien, 16. Mai 1916

RS.Reinschrift fehlt; Abschrift des Tagesordnungspunktes I; Wortlaut der Ah. Entschließung:

Kabinettskanzlei, Protokoll 1916.

P. Ehrhart; VS.Vorsitz Stürgkh; anw.anwesend Hohenlohe-Schillingsfürst, Georgi, Hochenburger, Forster, Hussarek, Trnka, Zenker, Morawski, Leth, Spitzmüller.

  • I. Einsetzung einer interministeriellen Kommission für die Approvisionierungsangelegenheiten.
  • II. Ernennung des Hofrates bei der Statthalterei in Wien Oskar Ritter v. Keller zum Sektionschef extra statum im Ministerium des Innern.
  • III. Beförderung des mit dem Titel und Charakter eines Regierungsrates bekleideten Referenten für landwirtschaftliche militärische Lieferungen im Ackerbauministerium Johann Pochlatko in die VI. Rangsklasse ad personam.
  • IV. Beförderung der Staatsveterinär-Oberinspektoren Franz Nesweda und Rudolf Kukutsch in die VI. und des Staatsveterinär-Inspektors Anton Korošec in die VII. Rangsklasse der Staatsbeamten ad personam.
  • 2117
    I. Einsetzung einer interministeriellen Kommission für die Approvisionierungsangelegenheiten

    I. MinisterialverwaltungApprovisionierung Quelle: Abschrift in Ministerratsprotokolle, Karton 44 (Aus dem Nachlasse Alexy).

    Der Minister des Innern erbittet die Zustimmung des Ministerrates zur Einsetzung einer interministeriellen Kommission für die Approvisionierungsangelegenheiten. Das Projekt knüpft an eine bereits zu Anfang des Krieges getroffene Einrichtung an3, welche sich jedoch den gesteigerten Anforderungen der Kriegszeit gegenüber nicht als ausreichend erwiesen habe. In der bestehenden Approvisionierungskommission seien nicht durchwegs die maßgebenden Funktionäre der beteiligten Ministerien vertreten4, auch entfalte diese Kommission keine sozusagen permanente Tätigkeit. Infolgedessen habe sich bei Abwicklung der zahlreichen zwischen den beteiligten Ressorts pendierenden Angelegenheiten einerseits ein ausgebreiteter Einsichtsverkehr, andererseits die Anberaumung zahlreicher Spezialsitzungen ergeben. Dieser Modus sichere aber nicht jene Raschheit und Zweckmäßigkeit der Geschäftsbehandlung, wie sie gerade auf diesem Gebiete mehr als auf irgendeinem anderen notwendig sei. Die neue Kommission soll aus den fachlich berufenen Sektionschefs der beteiligten Ressorts bestehen, fallweise und nach Bedarf können auch Vertreter der übrigen Zentralstellen, ferner mit Spezialfragen besonders vertraute Beamte und die Vorstände der zentralen Wirtschaftsorganisationen zugezogen werden. Der sprechende Minister habe sich angesichts der ihm aus den Vorbesprechungen bekannten entgegenstehenden Bedenken entschlossen, für diese Kommission kein Entscheidungsrecht in Vorschlag zu bringen. Es sollen lediglich Beschlüsse gefasst werden, die erforderlichen Verfügungen hierüber aber den zuständigen Ressortstellen vorbehalten bleiben. Die Kommission hätte nach Bedarf, mindestens aber zweimal wöchentlich zusammenzutreten und eine ihrer wichtigsten Aufgaben werde darin bestehen, durch eine sorgfältige Evidenthaltung der einzelnen Fragen deren rascheste Bereinigung zu fördern. Es sei ferner beabsichtigt, der Kommission einen Beirat anzugliedern, der im Beisein der Kommission monatlich einmal zu tagen hätte und in welchem eine gewisse Auseinandersetzung zwischen den maßgebenden Regierungsstellen einerseits und den Vertretern der Produktion und Konsumtion andererseits erfolgen könnte. In einer sich an diese Darlegungen knüpfenden Erörterung, an der sich insbesondere auch der Ministerpräsident, der Minister für Landesverteidigung, der Eisenbahnminister, der Ackerbauminister, der Finanzminister und der Handelsminister beteiligen, werden die Vorschläge des Ministers des Innern bewilligt.

    Der Eisenbahnminister würde es sogar prinzipiell begrüßen, wenn in der angedeuteten Richtung weiter gegangen und zur Schaffung einer eigenen Zentralstelle oder eines Ernährungsamtes geschritten würde. Der Finanzminister und der Handelsminister machen demgegenüber darauf aufmerksam, dass die Schaffung einer eigenen Zentralstelle wohl kaum zu einer Vereinfachung des Geschäftsganges führen, sondern die Gefahr einer Verwirrung im Behördenorganismus mit sich bringen würde. Eher möglich wäre die Schaffung eines selbstständigen, der Regierung, eventuell dem Ministerium des Innern subordinierten Amtes. Der Ministerpräsident glaubt, dass den heute vorhandenen Bedürfnissen bereits durch die vom Minister des Innern angeregte Konstruktion Rechnung getragen werden könne und dass weitergehende Eventualitäten erst dann in Erwägung zu ziehen wären, wenn die Verhältnisse solche Schritte erheischen.

    Der Ministerrat erteilt sohin dem Minister des Innern die erbetene Zustimmung im Sinne des anverwahrten5 Statutes6.

    II. Ernennung des Hofrates bei der Statthalterei in Wien Oskar Ritter v. Keller zum Sektionschef extra statum im Ministerium des Innern

    [II. bis IV. fehlt.]

    Wien, am 16. Mai 1916. Ah. E.Allerhöchste Entschließung Ich habe den Inhalt dieses Protokolles zur Kenntnis genommen. [Franz Joseph.] Wien, 21. Juli 1916.

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    2978-3-7001-9298-5
    3Siehe Anm. 3.
    4 Die neugeschaffene interministerielle Approvisionierungskommission sollte dann bestehen aus je einem vom Minister des Innern, Finanzminister, Handelsminister, Minister für öffentliche Arbeiten, Eisenbahnminister und Ackerbauminister bestimmten, in der Regel im Range eines Sektionschefs stehenden Beamten, unter Vorsitz eines Sektionschefs des Innenministeriums, Statuten der Kommission, , IM., Präs., Approvisionierung, Zl. 24364 ex 1916 (Karton 1586).
    5Eine Abschrift des Statutenentwurfes liegt der Protokollabschrift bei.
    6Die eingangs erwähnten informelleren Treffen hatten teilweise unter der Bezeichnung Interministerielle Kommission zur wirtschaftlichen Mobilisierung firmiert. Diese trat ab dem 27. 7. 1914 täglich im Kriegsministerium zusammen, Schreiben von Sektionschef Stephan Kriegs-Au im Innenministerium an Leth v. 26. 6. 1914, FM., Präs. Zl. 1616/1914. Mit dem gegenständlichen Beschluss wurde daraus eine feste Kommission, mit Bezug auf welchen Hohenlohe-Schillingsfürst mit Schreiben v. 17. 5. 1916 die Statuten an die Minister versandte, , IM., Präs., Approvisionierung, Zl. 24364 ex 1916 (Karton 1586). Die Kommission nahm am 30. 5. 1916 im Ministerium des Innern ihre Tätigkeit mit ständigen Sitzungen montags und freitags auf; damit entfielen Sitzungen dazu in den anderen Ministerien, Schreiben Hohenlohe-Schillingsfürsts an Georgi vom 29. 5. 1916, ., MfLV., Präs., Faszikulatur 29, Zl. 10539/1916. Außerdem wurde ein Approvisionierungsbeirat gebildet, um der Notwendigkeit eines innigeren Kontaktes mit der Bevölkerung und dem Bestreben, über die Wünsche der verschiedenen Interessentenkreise auf dem Gebiete der Lebensmittelversorgung fortlaufend orientiert zu sein, Genüge zu tun. Mitglieder gemäß den Statuten beiliegender Liste waren vierzig Männer, darunter Reichsratsabgeordnete mehrerer Parteien, sowie mit Ernährungsfragen befasste Funktionäre, , IM., Präs., Approvisionierung, Zl. 26164/1916 (Karton 1586). Aus diesen Organisationen ging am 13. 11. 1916 per Verordnung des Gesamtministeriums das Amt für Volksernährung hervor und daran angeschlossen der Ernährungsrat, also die Fortsetzung des Ernährungsbeirates; besprochen im MR. v. 11. 11. 1916/I, die Wirksamkeit erklärt mit Rgbl. Nr. 383/1916, das Statut als Rgbl. Nr. 402/1916. Mit Antritt der Regierung Clam-Martinic am 5. 1. 1917 nahm der Leiter des Amtes als Minister ohne Portefeuille am Ministerrat teil und wurde gelegentlich auch nicht ganz korrekt als Volksernährungsminister bezeichnet; seine verfassungsgemäße Stellung war nicht ganz geklärt, Loewenfeld-Russ, Die Regelung der Volksernährung im Kriege, 293, Anm. Zur Organisation der Ernährungsverwaltung siehe Scheer, Kontrolle, Leitung und Überwachung, 455 f. und auch Schmied-Kowarzik, Die wirtschaftliche Erschöpfung, 535–539.

    How to cite

    Die Ministerratsprotokolle 1848–1918 (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/mrp-static/MRP-3-0-08-1-19160516-P-0098.html)