Von Jean Paul an Emanuel. Leipzig, 5. Dezember 1797.
Brieftext
Mein immer Geliebter! Diesen Namen geben Ihnen beinahe auch
meine Ihnen unbekanten Freunde, besonders Oertel, dem ich Sie so
treu malte, daß er Sie schon jezt zu sich und seinem Weibe auf
seinem
Landhaus einlädt. — Freuden und Geschäfte ziehen zwar ihre
stür
mischen Wirbel um mich;
aber mein Inneres bewegt sich nicht als aus
Liebe. Täglich
werden meiner Arbeiten, Bücher, Bekantschaften und
Zerstreuungen mehr: Christian könte Ihnen wohl etwas von
meinen
hiesigen Fatis berichten, da es mir unmöglich ist, meine
Geschichte
2 mal zu erzählen.
Es wird Sie meine Nachricht freuen, daß die Juden in Berlin den
aufgeklärtern Theil Berlins ausmachen — daß sie die jüdische
Noblesse
heissen — fremde Künstler und Gelehrte an sich
ziehen — in Grauns
Passion gegen sich selber singen und zu wizig sind.
Vorn am neuen Hesperus siz’ ich en
face, abscheulich und unkentlich
zugleich. —
Ihre Bemerkung, daß die Menge der Scheidenden den Abschied er
leichtere, ist fein und wahr.
Schreiben Sie mir bald. Herzliche Grüsse an Schaefer und Elrodt
und an den leider zu spät gesehenen Seebek.
Ewig und gleich heis bleibt meine Achtung und Liebe für meinen
unersezlichen Emanuel. Mög’ endlich einmal das Schiksal,
das ihm
so viel nahm, der Natur nachahmen, die ihm so viel
gab! — Theuerster,
Sie wissen nicht wie gros und wie ewig die
Liebe ist, die in Ihrem
Freunde das Herz für Sie bewegt! —
[Adr.] Meinem Emanuel.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_21.html)