Von Jean Paul an Johann Georg Jacob von Ahlefeldt. Leipzig, 2. Januar 1798.
Brieftext
Ich schreibe an dich, mein Theuerer meinen ersten Brief dieses Jahrs.
Ich möchte stat dir zu wünschen, dich lieber umarmen und dan
würd’
ich doch auch jenes thun.
Mein Leben ist fast jezt so eben wie die Gegend: es hat weder die
Ermüdung noch die Perspektive der Gebirge.
Dieser kleine Brief ist nur das Couvert eines grössern, nämlich des
Überbringers, den ich dir als meinen Freund schicke und der
deiner
werden kan. Er verbindet mit der freien Mänlichkeit der
Berliner
poetische Weichheit und hat eben so viele Kentnisse
als Erfahrungen.
Er mag dir viel von mir sagen: mir sol er
viel von dir sagen.
Ich erhielt dein Briefgen von M[ahlma]n: Er
ist nicht —
Du.
Nur mein Zeit-Falliment bedekt die Sonderbarkeit des Auftrags,
daß du der lieblichen Doppelt-Geliebten unsrer zweifachen
Freund
schaft, der
Nachtigallen-Nachbarin Minona in Bayreuth mein
wärmstes Andenken zusicherst. —
Wahrscheinlich komm’ ich in der Leidenswoche — und für mich
in
der Freudenwoche — nach Berlin und höre Graun und sehe
dich.
Lebe froher, mein verehrter Geliebter, als deine Briefe sagen und
jeder liebe dich so innig und so lange als dein
[Adr.] Sr. Hochwolgeboren dem H. Justiezassessor Freiherrn von
Ahlefeldt Berlin d. F. An der Königsbrücke im Dietrichschen Hause
abzugeben.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_38.html)