Von Jean Paul an Dorothea Elisabeth Feind. Weimar, 7. April 1800.
Brieftext
Liebe Freundin! Ich lasse Sie in diesen holden Tagen im Hause
nur schlafen, aber nicht wachen; den ganzen Tag sind Sie — nach
meiner Phantasie — auf dem Wege zu einem Lustörtgen. Niemand
ist
seltener in Leipzig als ein
Leipziger. — Gegen das Ende des Maies,
der noch schöner sein wird als der März, bin ich
entschieden in Leipzig,
um nach Berlin zu gehen. Ich freue
mich auf die erste Stunde auf
Ihrem Kanapee.
Dieser Brief sol Sie um eine Aukzion bitten. Ernsthaft: ich ersuche
Sie, das Fas vol Betten öfnen zu lassen und die Federn — denn
der
Rest taugt
[nur] noch zu Zunder, weil ich die
bessern Betten meinen
Brüdern überlassen — zu verkaufen an
sich und an andere. Ich scheue
das Porto; und Betten brauch’ ich nicht, da ich sie jezt von
besserer
Hand bekomme. Ich hab’ Ihnen noch nicht den
Namen meiner Braut
genant, mit der ich im Sommer meinen einsiedlerischen Stand
und
auch Weimar verlasse, wie wohl
ich den künftigen Ort noch suche: sie
ist ein Fräul. von Feuchtersleben
aus Hildburghausen. Sie belohnt
mich für alle Lorbeerkränze, die ich Ihrem Geschlecht in
meinen
Werken auf den Kopf—puz gesezt. Sie ist — was
kaum zu begreifen ist
— noch besser als ihr Bräutigam, den ich
so schäze.
Thieriot suchte mich hier auf, fand mich aber erst in Gotha
Seit dem Schreiben dieses Briefes hat er hier angenehme
Rollen spielenkönnen..
Grüssen Sie die gute Hähnel recht herzlich und sagen Sie ihr, wie
ich mich auf die erste Stunde des Wiederfindens freue.
Sie erweisen mir mit dem Verkauf der Federn eine grosse Gefällig
keit. Für Männer gehören nur
Schreibfedern, für Mädgen Pflaum
federn;
aber beide Federn dienen oft dem Schlaf. Apropos! lesen Sie
von mir etwas? Haben Sie den Hesperus schon
angefangen?
Alle Ihrigen seien freundlich gegrüsset! Und Sie besonders!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_442.html)