Von Jean Paul an Adolf Heinrich Friedrich (ab 1808) von Schlichtegroll. Weimar, 15. August 1800.

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Brieftext

Weimar d. 15. Aug. 1800 .

Lieber, Guter! Recht erfreulich war mir ausser Ihrer Hand auch
noch das was sie mir anmeldete. Gern theil’ ich die Reise — den un
wahrscheinlichen Fal des Regens ausgenommen —; nur müst’ ich
freilich ungefähr den Tag der Ankunft Ihres H. Schwagers wissen.
Himmel! welchen Himmel hätten wir auf der Bahn und am Ziel und
oben in der Herkules Keule, die ich in meinen biographischen Be
lustigungen so gut beschrieben, daß ich begierig bin, sie zu sehen.

Aber die gute Friederike müst’ ich auf irgend eine Weise dan
sehen. Mein Geschmak ist zwar durch vielerlei Bekantschaften ver
wöhnt; aber mein Herz nicht. Freilich wie ich den J. P. kenne, so ist
eher für sein Nein — vielleicht auch bei Fr. — zu wetten. — Aber
lauter Zufälle sind die Winde, die uns im unbestimten Meere des
Lebens führen und schieben; und ich ärgere mich, daß ich dieser Regel
untreu wurde und Ihrer Bitte zu bleiben nicht folgte.

Ihre Bücher bring’ ich dan selber. „Der arme Man v. T[oggen
burg]“ hat mich bezaubert, zumal im Tagebuch; er ist ein Dichter
gegen den Prosaiker Bronner.

Leben Sie wohl, mein guter Bruder, wenn Sie es jezt in der Ein
samkeit vermögen! Tausend Dank für tausend Freuden, die Sie mir
gaben und die mich am Ende bei meiner Untüchtigkeit zur Erwiederung
beschämen! Gute Nacht Guter.

Richter

N. S. Seit ich H. Weissenborn gesprochen, ist freilich aus meinem
Wunsche nach Cassel einer nach Erfurt geworden, um da 3 liebe
Menschen zu finden.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 3. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1959.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: JP-Museum, Bayreuth; ehem. Slg. Apelt, Zittau. 2 S. 8° (Schluß von 363, 17 an fehlt). K (nach Nr. 506): Schlichtegrol. 15 Aug. J: Denkw. 3,61. B: IV. Abt., III.2, Nr. 412. 363, 14 f. desLebens] nachtr. H 17 von hier ab nach J

Schlichtegroll, dessen Frau verreist war, hatte eine drei- bis viertägige„partie quarrée“ nach Kassel mit seinem Schwager Weißenborn unddessen Bruder für Ende August vorgeschlagen. Auch wollte er Jean Paulgern mit seiner Kusine Friederike Weißenborn bekannt machen, dieunmittelbar nach Jean Pauls Abreise von Gotha eingetroffen sei, und die erauf seine (Heirats-)Kandidatinnen-Rolle zu setzen habe. 363, 8 f. Vgl.I. Abt., V, 258,36ff. 17—19 Sämtliche Schriften des armen Mannes zuToggenburg (Ulrich Bräker), hsgb. von H. H. Füßli, Zürich 1789—92.(1. Bd. Lebensgeschichte, 2. Bd. Tagebuch.) Franz Xaver Bronners Leben, von ihm selbst beschrieben, Zürich 1795—97.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/III_505.html)