Von Jean Paul an Auguste Schlichtegroll und Adolf Heinrich Friedrich (ab 1808) von Schlichtegroll. Weimar, 11. Juni 1801.
Brieftext
Geliebte Freundin! Wie ich auch reise und schweige: am Ende
komm’ ich doch wieder zu Ihnen zurük, mit Leib und Brief.
Das Schiksal hat endlich die empfindsamen Reisen, wenn gleich
nicht meines Körpers, doch meines Herzens mit dem
schönsten Lohne
geschlossen; und ich lege mich nun mit meinem
Bienenschwarm von
Empfindungen an einem Zweige in Meiningen
fest. Sie sehen, Gute,
wie das Schiksal nur trent, um zu nähern. Jezt sind und
bleiben wir
nahe beisammen. Künftigen Dienstag geh’ ich durch
Gotha mit
meiner Frau; da ich aber nicht länger da bleiben darf,
als die Pferde
fressen: so wil ich diese in einiger Entfernung nachahmen und
wenn Sie
wollen mit meiner Geliebten bei Ihnen Mittags zwei
kurze, gar zu
kurze Stündgen sein. Ich drücke Sie als die
Unveränderte an das
unveränderte Herz!
Mein treuer, redlicher, unvergessener Gevatter! Hier ist Ihrer
wieder da, und doppelt dazu, ja die Doublette ist das
bessere. Ich
erspare alles Schreiben auf das Sprechen. Meine Brust geht
leicht,
mein Geist fliegt und ich finde jezt auch
ausserhalb des Parnasses
Blumen.
Herzlich seien Sie gegrüsset. Ich gedacht’ Ihrer stum. — Meine
Frau grüst Sie und die Ihrige. Vale!
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_146.html)