Von Jean Paul an Caroline Richter. Ohne Ort, 7. Juni 1801.

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Brieftext

Für den 7. Juny 1801 .

Eben jezt, da ich anfangen wolte, wehten wieder Töne aus der
Aeolsharfe mir entgegen, als wolten sie das sagen, was ich dir
schreiben wil, du mein Herz! Neugeborne für das verhülte Jahr,
das aber nur Frühlings- und nicht Winterwolken bedecken! Dein
Geburtstag ist ja meiner und mit den Wünschen für dich werden meine
auch erfült. Unter Blumen und unter Sonnenstrahlen und unter
lauter liebenden Herzen und von stillen Freuden geführt, gehst du,
Holdselige, in dein neues Jahr. O es vergehe dir nichts davon! Und
wenn alles vergienge, ich bliebe dir fest und ganz! Wenn dein künfti
ges Jahr vorüber ist, wirst du zu mir sagen können: „du hast den
Schwur der Liebe treu gehalten, du hast mich warm geliebt und wir
sind glüklich geblieben.“ — Ich wil dein Vater und deine Mutter sein
wie ich kan und du solst die Glüklichste sein, damit ich der Glüklichste
bin. — Und so bleib’ es ewig und die unendliche Hand hinter den
Wolken, die uns zusammengeleitet, lege sich segnend in unsere ver
bundnen und geb’ uns nur die Schmerzen die wir ertragen können!


R.


Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Berlin JP. 1 S. 4°. J: Wahrheit 6,197.

Äolsharfe: s. Bd. III, Nr. 500, 360,33; Jean Paul wohnte in Weimar wieder inseinem alten Logis. — Einen Brief Karoline Richters an Karoline Herderv. 7. Juni 1801 s. Herders Nachlaß Nr. 40.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_145.html)