Von Jean Paul an Carl August Matzdorff. Hof, 16. Juli 1794.
Brieftext
Mir ist als begegneten wir beide einander auf dem Meer mit
2 Schiffen, so lange komts mir vor, daß wir auseinander
gewesen.
Entweder mein Brief über den unsterblichen
Verstorbnen ist verloren
gegangen oder Ihre Antwort darauf. — Endlich steh’ ich vom
Steinischen Geburtsstuhl auf, auf dem ich einige Jahre
gesessen, um
das närrische Ding, wovon ich Ihnen disjecta membra poetae zu
schicke, in die Welt zu sezen — so
daß mein Körper soviel Leben verlor
als jener (der Roman)
bekam. — Ich wolte das Paquet und meine
Furcht, auf der Post
geh’ es zum Henker, wären nicht so gros: so
braucht’ ich Ihnen
nicht herausgebrochne Stellen zu geben, die ihren
volständigen
Werth erst durch die Folie und Fassung des Zusammen
hangs erhalten. Es ist als schikt’ ich Ihnen aus einem
Kniestük
herausgeschnittene Scheiben zur Probe, oder von
einem Gedichte blos
die Reime. — Da aber
[?] das Werk ist wie meine baumwollene
Hose,
worauf ich size, wo eine aufgegangne Masche das ganze
Gestrik auf
knöpft, und da der Plan so genau
zusammen gebauet ist, daß wenn Sie
im ersten Theil ein
Steingen ausziehen, der ganze dritte einfält: so
müssen sie alle
drei miteinander aus der Presse gehen, wenn sie nicht
weniger
Glük machen sollen als sie könten. — Über die Bedingungen
des
Verlags brauchen wir nicht einig oder uneinig zu werden: sondern
wenn Sie es der Ehre des Ihrigen würdigen, so sezet sich samt dem
Drilling der Verfasser selber auf die Post und fährt als
Protektor und
Schirmvogt nach Berlin. Ich wolte diese Fraktur-,
Regal- und
Imperialstadt schon lange sehen — und dan machen wir alles
mündlich
und friedlich ab, ohne einen Tropfen Dinte zu
vergiessen.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_12.html)