Von Jean Paul an Christian Otto. Hof, 15. September 1795.
Brieftext
Solche zugesiegelte lettres de cachet wolt ich jedem Mpt
mitgeben;
aber ich dachte allemal, du machst doch das Buch
nicht besser als es ist.
Mich indessen stelt es doch besser dar, wenn ich sage, daß
mich die
Belustigungen nicht recht belustigen, weil
ich nicht in die Manier des
Hesperus und Fixlein hineinkan — weil ich alles plat, ohne
Humor, der
hier alles versalzte, berichten mus — und weil ich noch um den
Anfang
der Geschichte, den andere in die Mitte zurük krümmen
wie einen
Kapaunenkopf unter den Flügel, tanzen mus. Ich werde
doch einmal
das Jahr erleben wo ich die olympischen
Wetspiele meiner Kräfte in
mir ausschreiben kan, damit jener grosse Kardinal- und
Kapitalroman
zusammengeknetet werde, von dem ich im Voraus nicht genug
reden kan,
wie auch von dem kleinen Werklein, wozu mir Klopstok
und seine Meta
jeden Abend und auf langen Reisen Feuer einblasen. — Blos
das
VI Kapitel hier söhnet mich zum Theil mit meinem Unvermögen
wieder
aus, das für das des Publikums recht passet. Möge
dein Urtheil über
die V Kapitel mir
die Pille des meinigen versilbern. Freilich kömt das
Beste
noch. Das Schlimste ist, daß ich das bemalte Glas meines Guk
kasten dir allemal nur ruk- und Bogenweise vorschieben kan.
„Genug,
genug, genug“ singt die Renate im bekanten
Liedgen. Lebe recht wol.
Rückseite:
Lies erst das andere Blat
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_165.html)