Von Jean Paul an Gottfried Andreas Schäfer. Hof, 9. Februar 1796.
Brieftext
Innigst geliebter Freund,
Sie schicken mir in das eiserne Bette der Monarchie den holden
Traum der platonischen Republik; aber in diesem Traume, der wie alle
Träume nur ein freier Abdruk der Wirklichkeit sein mus, steht
Gleich
heit der Güter voran; und diese
fält bei unserm Troquieren meiner und
Ihrer Bücher
hinweg. Wie kommen Sie, bester Freund, der so sehr
mein
Gläubiger ist, dazu, mich für meine litterarischen Meteore so zu
beschämen, die Sie dem Autor und dem Freunde schon genugsam
ver
gelten, wenn Sie sie anschauen, ich
meine — lesen. Ich war in meinem
ganzen Leben selten so
glüklich, irgend jemand etwas geben zu können;
und es
befriedigt daher jezt meine Seele sanft, daß ich doch wenigstens
meine opuscula geben kan. Darum
nehmen Sie nicht diesem Ver
gnügen sein
kleines Verdienst.
Unser Band der Freundschaft wirret sich immer für Sie zu
gordischen Knoten; ein solcher ist die Sache des Theodorus; —
ich bins nicht. — Aber sogar der Zufal sucht noch zu
meinem monte
di pietà und zu meiner
Debitmasse bei Ihnen zuzutragen und auf
zuhäufen.
Ihr kleiner Infant und Dauphin möge sich an
[das] Versprechen
erinnern, daß er im Frühjahr dem Frühjahr gleichen wolle.
In acht Tagen kan ich Ihrer Nachsicht wieder einen neuen Gegen
stand schicken, ein neues Buch. Alles was ein Herz vol
Freundschaft für
Ihre Gattin, für Sie und den Prinzen in Gestalt der Wünsche
ent
halten kan, bewahrt das meinige für Sie
alle.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_232.html)