Von Jean Paul an Christian Otto. Hof, 7. September 1796.

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Brieftext

[ Hof, 7. Sept. 1796 ]

Zum Oertelschen Brief fertige ich hier einige Noten, die du noch
nicht lesen solst, sondern erst den Brief.


  • 1) Wie die Kalb auch; aber bei uns vertragen sich keine 2 Genies,
    wie viel weniger bei den Weibern.

  • 2) Es sind Woldemars und Göthe, die aus Künstlern Kunstwerke
    werden; die den poetischen Genus der Gefühle und Ideale auf die
    leichteste Art und auf d[ie] Kosten der Handlungen lieben. Es ist nicht
    die Eitelkeit, weswegen sie darstellen, sondern der Genus des Dar
    stellens.
  • 3.) Sie kan ja doch dem Abbé trauen: warum sol sie denn bei der
    Liebe der Emigranten, bei der Schminke und Aristokratie schlechter
    sei[n] als ohne? Freilich mus sie die Stände achten, denen sie in
    Paris alles verdankt.

  • 4.) Wie die Kalb. Sie lobt und tadelt gleich stark. Sie glaubt an
    ihren Werth: warum ist denn dieses Glaubens-Bekentnis eine Un
    verschämtheit?

  • Übrigens obgleich (zumal seit meinem Titan) mein Enthusiasmus
    für solche lebendige Kunstwerke zu stark ist und seiner zu klein: so hat
    Oertel doch gerade so viel bei mir gewonnen als er der Klientin des
    Teufels Advokaten entziehen wil. — Eine herliche Komposizion der
    Schröter schikt mir die Ostheim.

    Textgrundlage

    Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 2. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1958.

    Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

    H: Berlin JP. 1 S. 4°. Präsentat: den 7 Sept. 96. J: Wahrheit 5,174×. 243,14 lebendige] nachtr. 15 gerade so viel] aus alles

    Der nicht erhaltene Brief Oertels enthielt jedenfalls, wie der vorige(s. zu Nr. 398), Angriffe auf die Krüdener, die Oertel anscheinend inzwischen persönlich kennengelernt hatte.

    How to cite

    Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_402.html)