Von Jean Paul an Friedrich Hildebrand Freiherr von Einsiedel-Scharfenstein. Hof, 14. November 1796.
Brieftext
Die theatralischen Mitrailladen der poetischen
Septembris[ierer].
Ich habe gute Stellen als
Rubrikat[or] mit Roth bemerkt, wie
wohl
ich Sie, da dieses Rothwildpret überal darin ist,
leicht zu einem pater
purpuratus machen könte. — Ich danke Ihnen gleich dem
Publikum
dafür. Weimar ist für mich
eine untergesunkne Atlantische Insel: ich
kan mir kaum denken, daß ich einmal an diesem
otah[eitischen] Ufer
ausstieg. Ach irgend eine Seekarte und ein leitender Stern
werden mich
wieder auf dieses volle Eiland führen. Vielleicht
schreiben Sie mir ein
Wort oder eine Sylbe oder doch
einen Buchstaben. Gewinnen Sie ihm
[Wieland] so viele mündliche Sylben für
mich ab als ich Wochen Ihre
Abhandlung behalten: ich wil mir ein Billet daraus zusammen
sezen.
Der Schauspieler, der einen Redner darzustellen hätte, müste zu
gleich den Redner und die Rede geben, jener nur diese. — Der
Unter
schied zwischen Lust- und
Trauerspiel wird dadurch noch grösser, daß
jenes kleinere
Ansprüche auf Täuschung macht als dieses: die Täuschung
des
Herzens aber schliesset jede Wilkühr aus — Heinrich der junge ver
einigt sich mit dem schmuzigen tiers etat aus der humoristischen
brittischen Neigung zum niedern Volk, aus jugendlichem Hang zu
fessellosen Festen und in der Dauphins Jagd nach den
Mysterien seiner
künftigen Unterthanen — daß heftige
Leidenschaften zumal in Muth
losen sich durch die Uebertreibung des
Humors äussern und helfen.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_459.html)