Von Jean Paul an Carl August Matzdorff. Hof, 7. Februar 1795.
Brieftext
Wir reichen uns allemal die Hände über lange Zwischenräume
hinüber. Heute sol noch dazu in Ihrer Hand etwas anders sein als
meine. Bis mein Brief an- und Ihrer zurükkömt: ist der März da,
der
bei uns wenigstens die Morgenröthe und der Vorhof
des Frühlings ist.
Und dan schüttel’ ich mich in meinem Bau aus
meinem Winter
schlafe und laufe davon — ich
meine, nach Weimar, komme aber
wieder eh’ aus den Blüten Kirschen werden. Meine ganze
Seele
schmachtet nach den aufgedekten Knospen und Blumen ...
mir genau zu
schreiben, wie viel — gedrukt ist von
meinem Buch, damit ich zu Hause
bin, wenn mich die Drukfehler besuchen. Diese Bitte ist eine
Kleinigkeit
neben einer andern: daß Sie mir — da man, wenn
man Fersengeld
geben wil, Handgeld haben mus, eine Wendung,
wodurch ich wider
meinen Willen auf die refugiés und Renner tapferer Regimenter
passe — gütigst geben, was ich brauche: nämlich 50 rtl. Aber
ernstlich:
ich werde es für die gröste
[Gefälligkeit] erkennen, die die
übrigen
vermehrt, wenn Sie eine Bitte, deren Ausschlag mir
entweder einen
langen Blumengarten oder eine Sarawüste zuwiegt,
zu meinem
Vortheil ausschlagen lassen. Um aber meinem Wort treu zu
bleiben,
bitt’ ich Sie, mir die
[andere] Hälfte um so viele Monate
später zu
zuschicken als Sie mir die erste
früher geben — d. h. an meinem
Namenstage 29 Jun. Ich bin leider zu 2 error[ibus]
calcu[li]
, die
einander widersprechen
[verdamt]: der erste Rechnungsverstos
ist, daß
ein Buch, wenn ich beim Anfang denke, es sol 12
Bogen stark werden,
beim 24ten noch
nicht aus ist — der zweite ist, daß wenn ich 100 fl. aus
dem
Scharmüzel schütte und zu meinen Leuten sage: „davon werd’ ich
„nach einem Vierteljahr noch etwas übrig haben“ daß dan sag’ ich wol
noch etwas übrig ist, aber blos Wochen aus dem Vierteljahr.
Dasmal
ists noch ärger, da meine Rechenmaschine, wie
Sie auch wissen
können, vor ½ Jahr die Quadratzahl stat der
Quadratwurzel heraus
brachte — Da bei
dieser Summe wie bei der Tugend nichts nöthig als
der Wille.
Geben Sie den Bündel der Post, keinem Fuhrman: ich
erkaufe gern
die Zeit mit dem wenigen Ueberschus des Porto über die
Fracht. Der Himmel lasse den Blumensamen, den ich hier aufs Papier
gesäet, aufgehen zu einem kleinen Flor für Ihren etc.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_60.html)