Von Jean Paul an Christian Otto. Hof, 26. Februar 1795.
Brieftext
Gestern machte ein ordentlicher tüchtiger 6 Wochen auswärts ge
wesener Kopfschmerzen, daß ich mein Wort
nicht hielt; ich wolt’ aber,
ich hätt’ es vorgestern auch
gebrochen. Ich erinnere mich dunkel, wie
dunkel, hingeworfen,
unbestimt und (der Eile wegen) grel alles ist; ich
habe aber die
Entschuldigung deiner eignen Abmachung von etwas
Besserem und
die Gewisheit für mich, daß ich ja deinen Aufsaz noch
einmal und ausserhalb den Amnioshäutgen der blauen Papiergen
erblicke.
Mein jeziger über die Phantasie hat eine genaue Gedankenfolge,
aber ich habe (seiner abscheulichen Länge wegen) die Ringe,
woran sich
mehrere Ketten zusammenheften, ausgelassen; und
überhaupt dem
Leser zugemuthet, sich einen eben so grossen
Aufsaz selber dazu zu
machen. Schaden wirds mir, daß ich
dir jezt, da ich dir sonst lauter oft
umgeackerte Sachen gab,
2mal hintereinander 1mal bearbeitete schicke.
Dein hier folgender Traum ist meiner Abhandlung wie das Blumen
exemplar der botanischen Beschreibung im
Herbario beigelegt. Ich
habe einiges Wenige (nach deiner
Erlaubnis) im Traum (und im
andern Aufsaze) verändert
und blos an meinem vorigen Lobe hab ich
nichts geändert. Auf der 9 Zeile der 2 Seite des Traums ist es
ein
wenig dunkel.
Jezt aber mache dich auch an meine Sachen und gewöhne mir die
Fertigkeit zu warten, die ich mir jezt erworben, nicht durch eine zu
grosse Uebung derselben wieder ab. Ueber die Biographie möcht
ich
zuerst dein Wort haben. Guten Morgen.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/II_68.html)