Von Jean Paul an Emanuel. Meiningen, 12. Februar 1802.
Brieftext
Lieber! Wenn ich bedenke, wie viel ich immer an Otto
schreibe,
damit Sie es mitlesen; und dan zurükrechne, was mir etwan
dafür
wird von Bayreuth aus: so
brauch’ ich freilich Nachsicht mit meinen
Nebenchristen und Nebenjuden. — Solte das Bier schon
unter Wegs
sein — was Gott gebe — so bitt ich Sie herzlich, sogleich
neues nach
zusenden; weil der Transport vom
Fas in mich viel schneller geht als
von Bayreuth zu mir. —
Können nicht Sie oder Ihre H. Brüder die
Solmische DoseInnen Gold, aussen
kostbar emailliert, ein prächtiges Gemälde darauf —im Ganzen
ist sie unschäzbar. brauchen? Ich schlage sie los und sende sie porto
frei. — Roentgen’s Brief an Sie möcht’ ich haben. — Die Welzel
schen hab’ ich 9mal gelesen; ich
stelle sie den Fixleinischen gleich.
Froher kan der Mensch nicht sein als in Wonsiedel, wenn auch
klüger. — Wenn erscheinen Sie endlich und schauen und
theilen
unser Leben und Rindfleisch? Es ist so gefärbt und
gestrikt: um 6½ Uhr
fahren wir aus den Betten, oft
meine Frau voran, um Sahne abzu
schöpfen — Der Kaffee steht schon in
meiner Stube. Ich hebe das
lange Trinken an, C. das kurze und sizt neben mir. Doch vorher, bei
dem Eintrit in mein Museum wird ein gescheutes Wort mit Spiz
ge
sprochen, der eben so antwortet. Ich
habe den Hund erst vorgestern
gekauft. Dan puzt sie
sich in ihrer Stube; ich schreibe; sie bringt
Essachen (alles
geht auf meinem schwarzen Kanapee vor) und ich
schreibe fort.
So verläuft fast ein Winter-Vormittag. Um 1 Uhr
ruft sie mich
und den Hund in ihr Zimmer zum diner. Dan wird
R[eichs]Anzeiger u.
etc. gelesen. Meist komt der Präsident Heim mit
Mineralien, um zu reden und zu verdauen. Um 5 Uhr ist
Goutée-Zeit.
Aber hier fangen die
grösten Verschiedenheiten an. Es kan der Kandidat
Loewel oder (sonst) die Gräfin oder die schöne Tochter Heims zu
meiner C. kommen, jener ihr vorlesen
— diese Thée trinken und ich
gehe
zuweilen in ihr Zimmer hinüber, um auch einen Tropfen mit
Rak zu holen. Es kan der Herzog schicken und um 5. mich
verlangen,
worauf ich allemal um 7. erscheine. Es kan Konzert sein, das
von 5—7.
dauert. Meine C. kan zur
Hofräthin Heim gehen um 6 und ich um
7½ nach. Oder das alles ist nicht und wir essen ordentlich um
9 Uhr zu
Hause. Nach wenigen Worten steck’ ich um 9¼ unter
den Federn;
C. oft auch, öfter später. — Ich mus gestehen, daß ich zu
Weih
nachten meiner C. einen blauen tuchnen Amazonenhabit — à 25 rtl.
—
bescheeret; Macherlohn, Zuthaten nie gerechnet. — Apropos
ich
bitte Sie, dem Rendanten mit dem Briefgen an ihn 8
Thaler douceur
zu schicken; ich wil ihn in Erstaunen sezen mit Weib und
Kind. So
sez’ ich Sie in ein ähnliches durch gegenwärtiges
Schreiben.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_242.html)