Von Jean Paul an Emanuel. Meiningen, 28. Juli 1802 bis 30. Juli 1802.

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Brieftext


Meiningen d. 28. Jul. 1802.

Wie wil ichs anders machen, Emanuel? Wenn Sie auf der einen
Seite in den 5½ Eimer sehen, von dem nichts mehr da ist als die
Eierschaale — der Phönix ist ausgekrochen — und auf der andern in
mein Lumpennest, wo nichts trinkbares zu haben ist als Wasser — und
auf den übrigen in die Ferne des Herbstes, in meinen Jammer und
dergl.: so werden Sie sagen: „Freilich!“ — Also mit der Post. Ich
meine so: fals 1 Eimer auf der Post blos die doppelte Fracht kostet,
nicht mehr, so senden Sie mir ihn in Gottes Namen sogleich, ja
geben Sie das Fas gleich dem gelben Überbringer dieses mit. Es mus
nicht gerade Johann[iter] Bier sein, auch Bayreuth[er] nehm’ ich,
auch nicht gerade das besteDa der ganze August und Sept. schön wird, so ist dessen kühler Anfang gutzum Transport.: so durst’ ich. — Ich bekenn’ es, ich
hatte anfangs keine Hofnung, daß der 5½ Eimer so lange 〈bis jezt〉
nachhalten würde — um so mehr, da durch das Zertheilen in kleine
Fässer meine Frau an 20 Bout. guten Essig gewonnen —: indes hab’
ich durch Gottes Segen — und vielleicht weil ich allein trank — gut
noch für diese Woche.


Vergeben Sie, daß Ihnen immer mein Bier Flus nachsezt; und
erfüllen Sie meine Bitte auf alle — meine — Kosten. Dieses verdamte
Bedürfnis meines Magens und Gehirns treibt mich und mein Haus
aus allen grossen Städten — z. B. Dresden — zurük und endlich
immer südlicher entweder einmal nach Bamberg, Erlang etc. Rathen
Sie mir doch eine Wohnstadt.


— Mein Bruder Adam hat um alte Hosen geschrieben; ich bitte
Sie, seine anzusehen, wenn er damit vorbeigeht, damit ich mich
darnach richte. — Sie haben uns beiden viel zu antworten. Otto sol
bald meine Bitten erfüllen. Leben Sie wohl Lieber. —


Eiligst.


R.

Ich grüße Sie herzlich.
Caroline.
Ich nicht ohne Kuß.
Luise.


d. 30. Jul.

Ich lies den Brief wieder von der Post holen, weil mir Schwendler
— der sie sehr grüsset, die gute Hofräthin in Schwarz ach und ich auch
— den herlichen Rath gab, diese zu bitten, daß sie von Kulmbach aus,
einen Boten — der der Hize und des Biers wegen immer in der Nacht
fahren müste — mit Kulmbach[er] oder Bayr[euther] Bier hieher
schicken möchte. Emanuel, nur einen Nachtboten mit einem Karren
stat der Post! Von wo ausvon Bayreuth oder Culmbach , womit, wofür, wie theuer — das ist eins.
Ich bitte Sie und die Hofräthin; machts aus und schikt ohne Post.

Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 6. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1952.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: SBa. 3 S. 8°; auf der 4. S. die Grüße von Karoline (Richter) undLuise (Heim) und Adr.: H. Emanuel Bayreuth fr. Die Nachschrift aufbesonderem Blatt (1 S. 8°). K (nach Nr. 296): Emanuel. 28 Jul. 164 , 13–16 in] viermal nachtr. H 13 sehen] aus betrachten H 14 Eierschale K 16 Ferne] davor gestr. Länge H 19 mir ihn] aus mirs H Gottes Namen] aus Gottesnamen H 20 gelben] nachtr. H 26 gut] aus wirklich H, wirklich K 30 und mein Haus] nachtr. H 32 kühler] nachtr. H 165,15 Schwarz stehtam Zeilenende; Jean Paul hatte anfangs abgetrennt Schwar-z ach, danndas z noch auf die vorige Zeile gesetzt; die drei ch unterstr. H 21 ohnePost] nachtr. H

165,15 Hofrätin in Schwarzach: Voigt, s. Bd. II, zu Nr. 427.

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_298.html)