Von Jean Paul an Renate Otto. Meiningen, 8. September 1802.
Brieftext
Liebe Renata! Da ich zugleich Ihnen und Ihrem Manne eine Ant
wort schuldig bin: so sollen Sie sie haben. Geben Sie ihm meine auf
seinen Wunsch meiner Verwendung bei Hardenberg. Ausserdem, daß
ich unbestimt zu unbestimten Aemtern (denn Christoph giebt mir keines
an) nicht
bei einem Minister empfehlen kan, hindert mich noch die
Gewisheit, daß Ihr Man weit mehr als jeder Brief von mir und ihm
durchsezen könte, wenn er einmal bei Hardenberg mit dem ganzen
Werthe seiner
persönlichen Darstellung und seiner französischen Sprach
fertigkeit selber erscheinen und sich ihm
für ein Fach, das französische
Sprache und französische
Leichtigkeit begehrt, anbieten wolte. Sagen
Sie ihm das.
Schreiben an den Minister ist hier nicht so gut als bei
ihm
erscheinen.
Ich hoffe, gute Renata, im künftigen Jahre mit Frau und Kind auf
Ihr Kanapee zu kommen. Sehr verlang’ ich nach Ihrem Anblik
und
den Nachrichten Ihrer Vergangenheit. Geben Sie mir doch
einige
vorher. Wenn Pauline lesen kan, so lese sie hier:
guten Abend, Pauline.
Grüssen Sie Ihre lieben Eltern.
Wir haben uns lange nicht gesehen. Im Nachsommer ist die Zeit,
wo die vergangne vor uns trit und uns alle Szenen und Menschen in
mildem und wehmüthigem Lichte wiederbringt. Da wollen wir
auch
an unsere Abende der schönen Gemeinschaft denken.
Leben Sie recht
wohl, liebe Renata und schreiben Sie mir bald!
Grüssen [Sie] alle
Ihrige von mir.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_305.html)