Von Jean Paul an Christian Felix Weiße. Meiningen, 8. Mai 1803.
Brieftext
Mit Freuden geb’ ich dem Überbringer dieses, H. von Künsberg
— einem guten sitlich-zarten Sohn einer vortreflichen Mutter
—
dieses Blat als ein Einlasbillet an Sie, vortreflich liebender
und ge
liebter Freund, weil er Sie so sehr
zu sehen wünscht und weil ich eben
so sehr wünsche,
wenigstens auf Papier vor Sie zu treten. Er wird Sie
wahrscheinlich schon in Ihrer Villegiatura antreffen, um
welche der
Himmel seine schönsten Blüten und nicht mehr Wolken hänge
als
nöthig sind, jene zu bethauen.
In dieser Woche zieh’ ich nach Coburg. Der September gab
mir
unter andern Früchten auch ein gesundes liebliches
Wesen, eine Toch
ter. Diese zwei Perioden sind meine
menschliche Geschichte; die litte
rarische
wird immer gedrukt.
Ich grüsse herzlich alle Ihrigen, die es so sehr verdienen, die Ihrigen
zu sein. Möge Ihr Lebensherbst jenen seltenen Herbsten — denn
Sie
verdienen es — ähnlich sein und bleiben, in
welchen die Bäume wieder
blühten und die Johanniswürmgen
funkelten und alles blau und
heiter war; damit er auf sanften
Stufen zu dem höhern Frühling
hebe!
J. P. F. Richter
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IV_369.html)