Von Jean Paul an Karl Friedrich Ernst Frommann. Bayreuth, 4. September 1804.

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Brieftext

An den H. Zensor der Vorschule der Aesthetik.

Ob gleich in der Dedikazion an den Herzog von Gotha — betitelt
„Unterthänigstes Dedikazions-Gesuch pp“ — nichts enthalten ist als
Lob, nur aber in ungewöhnlicher Einkleidung, weil ein Fürst von so
ungewöhnlichen Talenten ein pikanteres verdient als gewöhnlich
die Schwerfälligkeit der deutschen Dedikatoren gibt: so hab’ ich die
gedachte Dedikazion doch vorher an den Herzog selber den 29ten July
mit der Frage abgeschickt, ob er sie erlaube. Seine 6 Seiten lange
erste Antwort voll Scherz, Witz und Phantasie und Güte gehört aus
Gründen, die ihn selber angehen, nur für meine Augen. Auf meine
Antwort darauf, daß ich seinen Scherz als Einwill[ig]ung des Drucks
annähme und die Dedikazion abschickte: bekam ich den zweiten
Brief, der wie der dritte hier zur Ansicht beiliegt und worin das Ja
für jeden aus[ge]drückt ist, der Witz versteht. Von beiden Briefen
kann ich aber aus Ehrfurcht für den Herzog keine Kopie erlauben.
Die Wahrheit dieses alles bekräftige ich hier an Eides Statt und
mit meinem Siegel. Bayreuth d. 4. Sept. 1804


Jean Paul Fr. Richter
Legazionsrath

Sollte der H. Zensor — nach Vorlegung dieser 2 Herzoglichen
Briefe und meiner Versicherung — wider alle Wahrscheinlichkeit
noch das Imprimatur verweigern: so lassen Sie die Dedikazion
freilich weg; sagen Sie ihm aber, daß ich dann zwar nicht wüßte,
was der Herzog dazu sagen würde, der sie erwartete, daß ich aber
wüßte, daß ich sie dann einzeln in Hamburg sammt einer satirischen
Vorrede drucken ließe, welche ihm nicht gefallen würde.


Note: Da ich mit dem Herzoge in der schönsten Verbindung stehe:
so erlaubt er mir leicht den scherzhaften Solo-Abdruck der Dedikazion
und der Satire über das Verkennen ihrer Absicht.


Textgrundlage

Jean Pauls Sämtliche Werke, Historisch-kritische Ausgabe. Dritte Abteilung, Band 9. Hrsg. v. Eduard Berend. Berlin: Akademieverlag, 1964.

Kommentar (der gedruckten Ausgabe)

H: Universitäts-Archiv Jena. Jean Pauls Brief an den Zensor eigenh.,3 S. 8° mit Siegel; der Brief an Frommann in Abschrift von dessen Hand ineinem Brief an den Dekan der philosophischen Fakultät in Jena, Prof.J. H. Voigt, vom 14, Sept. 1804, mit dem Frommann die Dedikation nocheinmal übersendet und dazu einleitend bemerkt: „Verleger und Verfasser —beide über diese Verzögerung auf mich empfindlich, dringen auf die Beschleunigung der Ausgabe; so kann ich ohnmöglich einem der Herren Ministerin Gotha die Sache zur Entscheidung vorlegen, noch weniger selbst ausAchtung für Sr. Durchlaucht nicht, meine Vollmacht so weit übertreten,Seine ganz eigentlichen Privat Briefe zu einem Akten Stücke werden zulassen. Ohne in dieser Sache auch nur im mindesten Parthey zu nehmenmuß ich doch wünschen sie friedlich beendigt zu sehen, und nur in dieserHinsicht halte ich mich verpflichtet noch zu bemerken daß sie auf keinenFall ungedruckt bleibt. Der Verf. schreibt mir bey Übersendung aller dieserPapiere:“ J: Hesperus Nr. 22 (Okt. 1961), S. 15 u. 18. 8,3 gedachte] nachtr. 4 abgeschickt] aus geschickt 5 erste] nachtr. 9 Ja] danach gestr. so wie [nachtr. z. B.] der [nachtr. wiederholte] Wunsch, daß ich nach Gotha ginge, 11 für den Herzog] nachtr.

Vgl. Bd. V, Nr. 10† und den Aufsatz von Herbert Koch (Jena): „NeueZeugnisse zur Vorgeschichte von Jean Pauls Freiheits-Büchlein“, HesperusNr. 22. 8, 3 29ten Juli: vielmehr 16. Juli, s. Bd. IV, Nr. 485; vom29. Juli ist Jean Pauls Antwort auf den ersten Brief des Herzogs datiert(Nr. 487). Die drei Briefe des Herzogs s. IV. Abt. (Br. an J. P.), IV, Nr. 361 und 362, undV, Nr. 2. — Da der Appell an den Zensor erfolglos blieb, kam es zumSolo-Abdruck der Dedikation in „Jean Pauls Freiheits-Büchlein“ (1805).

How to cite

Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/IX_10.html)