Von Jean Paul an Christian Friedrich Voß. Leipzig, Dezember 1782.
Brieftext
Mein Buch mit Ihrem Namen geziert zu sehen, hab’ ich mer ge
wünscht als gehoft. Um desto grösser ist
mein Vergnügen über Ihre
Gütigkeit, um desto grösser mein Dank
dafür. Es beruht oft eben soviel
auf den
[!], der den Körper eines Buchs schaft,
als auf den, der die
Sele desselben schaft. Auch hier heists:
Kleider machen Leute. Ist mein
Buch Ihres Verlags würdig, so ist
es auch gewis des Druks würdig,
und ich kan hoffen, daß es
Kennern [nicht] misfallen werde, wenn es
Ihnen nicht misfält. — Aus diesem Anfang meines Briefs werden
Sie
leicht die Antwort auf den Anfang des Ihrigen
erraten — die Bitte
ausgenommen, daß Sie die ungerade Zal 15 in
die nächste gerade ver
wandeln. Schandy war
ein Freund der ungeraden Zalen, ich bin einer
der geraden. — Es ist gewis, daß der Parnas keine peruanische
Gold
grube ist; wenigstens ist es gewis, daß
dieienigen, die darinnen graben,
gleich andern
Bergleuten, die Schäze ser bedürfen, die sie suchen. Sie
werden
daher nicht Mangel an Höflichkeit, sondern nur Mangel an
Geld
in der Bitte finden, daß Sie mir noch vor den Feiertagen das
Honorarium [schikken] möchten — wenn ich
wortspielen wolte, würd’
ich sagen: die Eltern bescheren zu
dieser Zeit den Kindern, und mein
Kind mir. Aber man
darf eben sowenig mit den Worten als mit den
Puppen spielen,
wenn man kein Kind mer ist. — Es ist mir angenem,
daß ich durch
die Nahheit des Drukorts in Stand gesezt werde, die
Korrektur selbst zu übernemen. — Schönes weisses Papier
empfielt ein
Buch eben so ser als eine weisse Haut ein
Frauenzimmer; und man isset
lieber von Silber als von
Thon. Doch dafür zu sorgen, wird Sie mer
Ihr.. als meine Bitte
bewegen. Wenn der Druk dem Drukke des
Buchs über die Ehe änlich wäre, so würde mich das freuen: denn
wen solt’ es nicht freuen, wenigstens eine Änlichkeit mit dieser vor
treflichen Schrift zu haben. — Hier folgt der … halbe Bogen. Die
Ursache, warum ich ihn zurükbehalten, werden Sie sehen, wenn Sie
ihn
lesen. Ich wolte nämlich nicht durch das Geständnis meiner
Jugend in
demselben, zu einer Meinung veranlassen, die
vielleicht richtig ist, die
aber immer die Feler eines Buchs zu
Brobdignakschen Ungeheuern auf
schwelt und die Schönheiten desselben in
Chodowieckischer [?] Miniatur
darstelt. Wenn meine 19 Jare verursachen, daß
[ich] iezt schlecht schreibe,
so werden sie es auch gewis
[?] verursachen, daß ich künftig nicht
so
schreibe; und wenn ich nicht gute Bücher mache, so werd’
ich doch
bessere machen lernen. Diese Hofnung schmeichelt mir
mit der Mög
lichkeit, Ihnen für Ihre
Gütigkeit dankbar sein zu können. — Vergeben
Sie mir, daß ich so
viel rede, und nur von mir rede: ich bin sonst kein
Engländer,
der sein Ich mit einem grossen Buchstaben schreibt. Sie
gebrauchen die Adresse des vorigen Briefs: denn sie ist
die meinige, und
ich habe mich nur hinter meinem eignen Namen
verstekt. — Den Titel
des Buchs hab’ ich geändert; er heist iezt
so: Grönländische Pro
zesse. Die Ursache dieser Abänderung werden Sie ebenfals aus dem
halben Bogen ersehen. Ich schliesse mit der Bitte um eine baldige
Antwort und mit der Versicherung, daß ich bin etc. —
Ich scheine
Ihnen vielleicht für diesen Brief zu lustig zu
sein, und wenn man die
Affen für die Satirs der Alten hält, so
werden Sie umgekert denken. —
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_30.html)