Von Jean Paul an Sophie Rosine Richter. Leipzig, 3. April 1783.
Brieftext
Liebe Mama!
Verzeihen Sie, daß ich so lange nicht geschrieben und daß ich iezt
so kurz schreibe. Ich habe soviel zu tun, daß ich mich kaum
rüren kan
und wenn ich nicht alle Kräfte anstrenge, so werde
ich bis zu Pfingsten
gar nicht fertig. — Sie wollen wissen was
ich für Bücher schreibe?
Es sind weder teologische noch iuristische; und wenn
ich Ihnen auch
den Namen herseze, so ists Ihnen damit doch
nicht deutlich: Satiren
oder spashafte Bücher sind es. — Fast muste ich lachen, da Sie
mir
den erbaulichen Antrag thun, mich in Hof in der
Spitalkirche z. B.
vor alten Weibern und armen Schülern mit einer erbaulichen
Predigt
hören zu lassen. Denken Sie denn, es ist soviel
Ehre, zu predigen?
Diese Ehre kan ieder miserable Student
erhalten, und eine Predigt kan
einer im Traume machen. Ein Buch
zu machen ist doch wol zehnmal
schwerer. Übrigens wil ich Ihnen
nur berichten, daß ieder Student wie
ich in Hof gar nicht
predigen darf, one vorher für 16 fl. in Bayreut die
Erlaubnis dazu gekauft zu haben. — Hier ist ein
Zettelgen für den
Gotlieb, den Sie doch nunmehr einmal
anzubringen suchen solten,
wär’ es auch nur bei dem Aktuarius in Schwarzenbach. Aber zu
einem
Schreiber taugt er noch nicht einmal; denn er schreibt eine
schlechte
Hand. — Hier ist auch mein Buch für den Doppelmaier
in Schwarzen
bach, welches Sie nur durch den
Leistschneider dahinzuschikken brauchen.
Aber so bald als möglich. — Leben Sie recht wol und schreiben
Sie
bald. Ich bin
Leipzig den 3. April. 1783.
N. S. Was macht der liebe Samuel? Ich freue mich recht auf ihn.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_35.html)