Von Jean Paul an Christian Otto. Schwarzenbach a. d. Saale, 11. Juni 1791.
Brieftext
Meine Kinder ziehen die Altagskleider wieder an, weil der Himmel
seinen Lumpenrok wieder umhat. Ich komm also morgen — wegen
meiner elenden Wetter-Semiotik — nach Hof und sehe die
Phantasie
nur in meiner eignen. Ich beneide den Lobensteiner Scheik,
der nicht
eher sagt daß er abreiset, als unterwegs.
Mein Bruder kam, wegen gestrigen Zahnschmerzen, erst heute um
6 Uhr: sonst wäre Campe gestern gekommen.
Der vortrefliche Poncelin de la Roche Tilhac hat aus dem Raynal
den „philosophischen Wiz, der seinen Nuzen hindert“ nicht
ganz un
geschikt herausgebürstet und
weggehobelt; und es glükte ihm, das
kouleurte
Landschaftsgemälde von der Erde in eine brauchbare Land
karte auszuwässern: sie kan iezt auf einem Sessionstische
auf
geschlagen werden.
Es sind Winke hin und her geflogen, daß man mich Höferseits mit
Feiertags Büchern zu überraschen gedenke; wer erräth aber in
der
Welt das Beste oder Schlimste? — Warlich ich weis nicht wozu
dem
Menschen seine elenden Hofnungen oder Befürchtungen
dienen, da
allemal ganz andre eintreffen.
[Adr.] Des Herrn Christian Otto Hoch Edelgeboren in Hof. 2 Bü
cher. Den Vaillant bring ich selbst.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_377.html)