Von Jean Paul an Sophie Rosine Richter. Leipzig, 2. April 1784.
Brieftext
Liebe Mama!
Mein Brief wird kurz werden, weil Ihrer kurz ist und mir wenig zu
beantworten giebt. Wegen des Ditleins kan ich Ihnen noch keine
andre Antwort geben als nur noch eine kleine Zeit zu warten,
wo ich
ihm [!] ia
gerne und mit Zins bezalen wil. — Wenn Sie wegen der
Lotterie
mir doch nur folgten! Glauben Sie denn, wenn es nur darauf
käme, hineinzusezen und zu gewinnen: so würde ia ieder so
gleich reich
werden können: denn er brauchte ia nur etwas Geld
aufzuwenden.
Aber man wird durch Lotterien so selten reich,
daß Tausende schon arm
geworden. Die Lotterien sind schon so
eingerichtet, daß man alzeit wenig
dabei gewinnen kan. Und
Sie wagen nicht wenig, wenn Sie in die
hiesige sezen: der erste
Einsaz ist zwar nur ein Gulden; aber man mus
fortfaren
einzusezen und dan steigt es sehr hoch. Überdies ist iezt die
Zeit nicht, wo Sie gut einsezen könten; Sie müsten wenigstens noch
etwas warten. Dazu ist ia in Baireut auch eine Lotterie; warum
wollen
Sie lieber in die hiesige einsezen? Glauben Sie in
dieser etwan viel zu
gewinnen? Aber das können Sie ia auch in
der Baireuter; wenn Sie nur
viel einsezen wollen. — In Betref
des Briefwechsels zwischen mir und
der Elrodtin da irren Sie
sich ganz. Wir haben zwar sonst einige
Briefe an einander geschrieben; aber schon im November bekam
sie
den lezten von mir. Die Verbindung zwischen uns
ist aufgehoben.
Was Sie von einem Briefe von 6 Wochen
schreiben, davon ist kein
Wort war. Denken Sie denn, ich würde
von ihr mein Buch zurükzu
fodern so
unhöflich sein, wenn wir mit einander noch gut stünden?
Und
was brauchte ich es dan durch Sie thun zu lassen, ich könte es dan
besser durch einen Brief an sie verrichten. Und wenn ich noch
mit ihr
dazumal, als die Uneinigkeit wegen den
[!] Gotlieb war, gut gewesen
wäre: glauben Sie denn nicht, ich hätte soviel als ich gekont
hätte mir
Mühe gegeben, etwas zum Fortkommen meines Bruders
beizutragen.
Auch hab’ ich Ihnen ia neulich schon gesagt, daß
unser Briefwechsel
zu Ende ist; glauben Sie denn, daß
ich Ihnen vorlüge? — Was den
Ring anlangt, so war die ganze
Sache ein Spas: denn ich gab ihr
keinen, sondern schikte ihr
ihren wieder zurük. Denn was hülfe mich
ihr Ring? Sehen Sie,
das ist die ganze Sache. Ich bitte Sie also
nochmals, fodern
Sie ihr mein Buch ab, weil mir daran gelegen ist.
Denn
bis ich selbst nach Hof komme, das möchte wol noch bis Micha
elis Zeit haben. Wo ist denn der Gotlieb iezt? Sagen Sie doch
dem
Heinrich, daß er einmal an mich schreibt. Vergessen
[Sie] dies ia
nicht. — Die Advokatenkosten die sind sehr gros. Ich weis
nicht, wie
Sie sich wegen dem Barnikkel heraushelfen wollen.
Wie wird es denn
wegen Ihrem Haus? — Ich bin
Leipzig den 2. April 1784.
gehorsamer Sohn
J. P. F. Richter
N. S. Schreiben Sie mir doch Neuigkeiten von Hof und Schwarzen
bach; und antworten Sie auf
meine Briefe ganz; denn Sie antworten
manchmal auf manches
nicht.
How to cite
Jean Paul - Sämtliche Briefe (statisch), herausgegeben von Hanna und Ronja, LaLe 2025 (https://acdh-tool-gallery.github.io/jean-paul-briefe-static/I_70.html)